Sharner Kobold Sharner Kobold

 

u
Herr der Ringe - Der Ringkrieg 2. Edition
Bewertung:
(4.6)
Von: Nico Bracht & Ralf Schemmann
Alias: Cut
Am: 07.12.2012
Autor:Roberto di Meglio, Marco Maggi und Francesco Nepitello
Übersetzer:Stephan Rothschuh
Typ:Brettspiel
System:---
Setting:Mittelerde
VerlagHeidelberger Spieleverlag
ISBN/ASIN:
Inhalt:Siehe Rezension
Preis:60,00 EUR
Sprache:Deutsch

Vorbemerkung:

„Der Ringkrieg“ ist die Brettspielumsetzung eines der größten Werke der klassischen Fantasyliteratur und liegt jetzt in einer zweiten, überarbeiteten Version vor.

 

Das Spiel beschreibt den aus der „Der Herr Der Ringe“-Trilogie von J.R.R. Tolkien bekannten Kampf der Freien Völker Mittelerdes gegen den Schatten des Dunklen Herrschers Sauron.

 

Ich habe seinerzeit das Spiel der 1. Edition meiner Spieleabendgruppe von Gelegenheitsspielern und Teilzeit-Nerds mal als eine Mischung der beiden Brettspielklassiker „Risiko“ und „Scotland Yard – Auf der Suche nach Mr. X“ beschrieben. Die beiden Elemente, militärische Eroberungsstrategie („Risiko“) und geheime Bewegung „Mr. X“) verbindet „Der Ringkrieg“ gekonnt miteinander.

 

Was den „Ringkrieg“ von vielen Spielen positiv abhebt, ist die ungleiche Verteilung von Aktions- und Siegmöglichkeiten auf die beiden am Spiel beteiligten Seiten. Irgendwo habe ich diesen Umstand einmal als die „Unsymmetrie“ des Spiels beschrieben gelesen. Das finde ich, passt sehr gut. So ist es auch reizvoll, die Spielerposition zu wechseln, weil man dann jeweils ein sehr anderes Spielerlebnis präsentiert bekommt.

 

Zugegeben, der grade angestellte Vergleich mit zwei klassischen Brettspielen wird dem „Ringkrieg“ nicht wirklich gerecht, ist er doch deutlich komplexer als beide Spiele, er hilft aber, wenn man Spieler, die sonst mit komplexeren Spielen nichts am Hut haben, einmal für eine Runde animieren möchte. Und es wurde meinen Mitspielern schnell klar, dass sie hier keine „Risiko“-Variante im Mittelerde Outfit spielen, sondern ein Spiel voll eigener Dynamik und eigenen Ansätzen.

 

Das Spiel war und ist grundsätzlich für zwei Spieler konzipiert, lässt sich aber mit leichten Anpassungen durchaus auch mit 3 oder 4 Personen spielen. Die notwendigen Regeländerungen finden sich in den offiziellen Regeln.

 

Anmerkung:

Zur ersten Edition gibt es hier im Rezensionsbereich des DnD-Gates bereits (genauer: hier! ) eine herausragende Besprechung von Ralf Schemmann.

 

Ich verweise was die Besprechung des Spielgeschehens angeht und bezüglich der Ausführungen zu Regeln und so weiter ausdrücklich auf diese ausführliche Besprechung, deren Tiefgang ich, der ich mit viel weniger Spielerfahrung als Ralf ausgestattet bin, gar nicht erreichen könnte.

 

Ich gehe in der vorliegenden Besprechung lediglich auf die Neuerungen ein, die die neue, 2. Edition mit sich bringt und sage etwas zu der Kompatibilität der Spielmaterialien und Erweiterung zueinander.

 

Außerdem gehe ich auf die Möglichkeit ein, wie sich Eigentümer eines Spiels aus der 1. Auflage helfen können, aus ihrem Spiel eine spielbare Version der 2. Edition zu machen, ohne sich ein komplett neues Spiel kaufen zu müssen!

 

Ralf Schemmann hat aus seiner Begeisterung für das Spiel eine ernsthafte Beteiligung an der deutschen Version gemacht.

Er ist maßgeblich an der Neufassung des Spiels auf Deutsch beteiligt und findet sich völlig verdientermaßen in den „Danksagungen“ des Regelheftes wieder. Empfehlenswert ist der Besuch seiner Fanseite zum Spiel im Netz (www.der-ringkrieg.de). Dort kann mit anderen Begeisterten lebhaft über das Spiel und seine Möglichkeiten diskutiert und das Spiel sogar mittels eines Online-Klienten miteinander über das Internet spielen!

Daneben finden sich auf der Seite auch die Errata, Spielhilfen, neue Karten und die FAQs, sowie Rezensionen zu neuem Material. Ein Blick lohnt sich also!

 

 

Die Ausstattung:

„Der Ringkrieg“ ist von seiner Ausstattung her ein opulentes Spiel, wie man es eigentlich aus dem Hause Fantasy Flight Games erwarten würde. Die US-Ausgabe erscheint allerdings nicht bei FFG, sondern im Hause Ares. Autoren sind die Herren Roberto di Meglio, Marco Maggi und Francesco Nepitello.

 

Auf Deutsch bringt der Heidelberger Spiele Verlag das Spiel auf den Markt.

 

Das Spiel kommt in einer ordentlich großen Schachtel, die stimmungsvolles Bildmaterial aufzeigt daher. Die Kiste ist angenehm schwer. Man hat direkt den Eindruck etwas für sein Geld (gute 60 EUR muss man für das Spiel zur Zeit der Rezensionserstellung im Herbst 2012 investieren) viel geboten zu bekommen.

 

Der Inhalt besteht zunächst einmal aus einem großformatigen, farbigen Spielplan, der aus zwei Einzelteilen bestehend in der Spielschachtel liegt und einem vielfarbig, auf hochwertigem Papier gedruckten, fast 50 Seiten umfassenden Regelheft, komplett mit Beispielen und Übersichten und einer Zusammenstellung, was sich für Spieler der 1. Edition geändert hat.

Die neue Übersetzung, die wesentlich zur höheren Spielbarkeit der 2. Edition beiträgt, stammt von Stephan Rothschuh, dessen gute Arbeit aufmerksamen Spieler von Heidelbär-Spielen auch schon aus anderen thematisch verwandten Spielen wie dem „Der Herr der Ringe – Living Card Game“ oder den Erweiterungen des Dungeon-Crawlers „Descent – Reise ins Dunkel“ bekannt sein dürfte.

 

Weiterhin befinden sich in der Schachtel stabile Pappmarker, die sauber gedruckt und ausgestanzt sind (ja, man muss es dieser Tage extra positiv erwähnen, wenn Verlage das unfallfrei hinbekommen!), eine Vielzahl von kleinen, aber sehr detailgetreuen Plastikminiaturen, die militärische Einheiten der Freien Völker und des Schattens, aber auch bekannte Persönlichkeiten (Frodo, Sam, Gollum, etc.) darstellen, sowie Spielkarten in neuem, größeren Format und den bereits aus der 1. Edition bekannten speziellen Aktionswürfeln für die Spieler der Freien Völker und des Schattens. Eine handvoll normale 6-seitige Würfel runden das Spielmaterial ab.

 

Die Figuren sind im Großen und Ganzen identisch mit denen der Vorauflage. Lediglich was die Nazgul angeht wurden deren „Standprobleme“ ernstgenommen und diesen durch die Schaffung eines neuen Modells begegnet. Außerdem ist nun Gollum enthalten, der seinerzeit nur als Promo-Figur zu bekommen war und daher vielen Spielern gefehlt hat.

 

Im Vergleich zu der lange vergriffenen 1. Auflage fallen, abgesehen von kleinen, aber durchaus bedeutenden Regeländerungen, folgende Änderungen am Material (positiv) auf:

 

So ist die Aufteilung der Felder des extrem großformatigen Spielplanes, sowie dessen Farbgebung etwas verändert worden. Die gewonnenen Erfahrungen aus vielen Spielen und Rückmeldungen dazu haben dazu bewogen. Neben der Aufteilung sind auch einige wenige Gegenden umbenannt worden (Imladris – Bruchtal), was aber einem Tolkienleser keinerlei Probleme bereiten dürfte.

 

Neu ist die Übersetzung des Regelheftes und sämtlicher Spielkarten. Grade in Bezug auf die Texte und die Lesbarkeit ihrer Spielkarten litt ja die 1. Edition an Schwächen. Diesem Problempunkt wird bei der 2. Auflage auf zweierlei Weise begegnet. Zum einen mit einer Neufassung der Texte, zum anderen mit einem Formatwechsel der Karten. Die Karten sind nunmehr deutlich größer und die Texte ergeben nicht nur Sinn und sind verständlich, nein, sie lassen sich auch problemlos ohne Lesehilfe lesen. Ein echter Fortschritt, auch wenn auch hier leider noch nicht alle Fehler ausgebügelt wurden!

 

Aus Alt mach Neu:

Im Zuge der Neuauflage sind zwei schicke Dosen (mit dem Motiv der Spielschachtel versehen) erschienen, von denen eine mit Schutzhüllen und eine mit Schutzhüllen und einem kompletten Kartensatz gefüllt ist.

Die letztgenannte Dose ist ein Upgrade-Kit für Leute, die bereits die alte Version des Spieles im Schrank und Betrieb haben. Hier erhalten sie alle (!) Karten in der Neufassung und im neuen Format und dazu passende Schutzhüllen, um die Karten mit einem eigenwilligen Format, sicher einsetzen zu können. Das Set kostet zwischen 15-20 Euro.

Die Schutzhüllen gibt es, ebenso in die schöne Blechdose verpackt, jedoch ohne einen Kartensatz, für Spieler die jetzt neu in die Welt des Ringkriegs einsteigen und einfach nur ihre Karten schützen wollen, für einen etwas niedrigeren Preis.

 

Diese Idee ist grundsätzlich sehr kundenfreundlich, aber die Preispolitik kann mich nicht unbedingt überzeugen. Da es neben den Spielkarten eigentlich nur einen Austausch des Regelheftes braucht um eine komplett spielbare 2. Edition aus seiner 1. Edition zu machen und dieses Regelheft auf der Ringkrieg-Produkt-Seite der Heidelbären kostenlos zum download angeboten wird, ist ein Neukauf des Spiels nicht zwingend nötig.

Dennoch wäre mir hier auch eine Deluxe Lösung, die den Namen auch verdient gehabt hätte, recht und lieber gewesen. Also ein Set, meinetwegen auch ohne die Blechdose und stattdessen mit einem neuem Regelheft und den Karten samt Hüllen. Dann hätte man wirklich alles gehabt, was man braucht. So ist der Ansatz gut, die Aufführung lediglich Mittelklasse.

 

Der alte Spielplan lässt sich aber auch ohne weiteres benutzen und die Änderungen am Figurensatz sind minimal.

 

Die Aktions-Würfel sind vom Design her identisch, liegen aber etwas anders in der Hand, als man es von der Vorauflage gewohnt gewesen ist. Das zu bewerten ist allerdings sinnlos. Manch ein Spieler wird diesen Unterschied sicherlich nicht einmal bemerken. Mir ist er halt aufgefallen, aber ich bin auch sehr verliebt in meine Spielmaterialien und achte sehr genau auf ihren Zustand. Zu den weißen 6-Seitern sage ich gar nichts.

 

Was die Änderung der Spielregeln angeht, wurde nur sanft in den bestehenden Ablauf eingegriffen, hauptsächlich um einer vermeintlichen Gleichgewichtsstörung zwischen den Seiten abzuhelfen. So gab es das Gefühl unter Spielern, dass es leichter sei, als der Schatten das Spiel zu gewinnen, denn als Vertreter der Freien Völker. Diesem Umstand wurde durch Neufassung der Charakterfähigkeiten von Gandalf, dem Grauen; Meriadoc Brandybock; Gollum, dem Hexenkönig und Peregrin Tuk abzuhelfen versucht. Das Regelheft selbst weißt daraufhin, dass insbesondere die Änderungen von Gandalf, dem Grauen und dem Hexenkönig beachtlich seien.

 

Ansonsten wurden Änderungen im Armeeaufbau der Zwerge, bei der Zuordnung von Würfel bei der Jagd nach dem Ring, sowie am Ablauf der Jagd selber und beim Einsatz von Kampfkarten vorgenommen. Zu guter letzt gibt es noch eine Erleichterung für die Gemeinschaft des Ringes beim Betreten von Mordor zu vermelden.

Auf die Änderungen der Ereigniskarten, ihrer Texte und teilweise ihrer Auswirkungen ist ja bereits im Rahmen der Ausführungen zur Übersetzung eingegangen worden.

 

Das Spielgeschehen läuft mit diesen Änderungen nicht groß anders ab, als bei einer Partie der 1. Edition, allerdings greifen die Änderungen schön ineinander und es kommt nicht mehr so leicht zu dem Gefühl des Ungleichgewichts am Spieltisch, was im Vorfeld der Neuauflage bemängelt worden war.

 

So sehr sich die Heidelbären auch bemüht haben mit dem Upgrade-Kit den Übergang zur neuen Regeledition auch für Eigentümer der Voredition so schmerzlos wie möglich zu gestalten, so gab es doch auch ein nennenswertes Opfer des Editionswechsels. Die einzige Erweiterung, die für die 1. Edition erschienen ist „Die Schlachten des Dritten Zeitalters“ ist nicht mehr kompatibel mit der neuen Version. Das liegt daran, dass manche der Regeländerungen nicht zusammengehen, aber auch an so banalen Dingen wie dem unterschiedlichen Format der Karten, denn für die Erweiterung wird – wieder Stand Herbst 2012 – kein überarbeiteter Kartensatz angeboten. Dafür werden die Spieler aber mit dem Ausblick auf kommende Erweiterungs-Sets gelockt, die womöglich Teile der vorgenannten Erweiterungen aufgreifen und in die neue Edition transportieren könnten auf jeden Fall aber die 2. Edition um weitere Herausforderungen erweitern werden.

 

Letztlich ist es eine Frage des Geldes, ob man sich ein zweites Grundspiel kauft und es dann mit den neuen Erweiterungen fortentwickelt, oder ob man bei seinem alten Spiel bleibt, sich die Regeln ausdruckt und einen neuen Kartensatz besorgt. Lohnend ist der Wechsel auf die Regeln der 2. Auflage bestimmt. Es sei denn man ist ausgerechnet großer Fan der „Schlachten“ - Erweiterung. Dann würde ich mir wohl das Regelheft herunterladen, um darin nach Anregungen für Hausregeln zu suchen und die neue Auflage ansonsten geflissentlich ignorieren.

 

Die Zukunft:

Die erste Erweiterung für die 2te Edition mit dem Titel „Die Herren von Mittelerde“ steht zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Besprechung bereits in den Startlöchern, die Regeln von ihr können bereits hier online als PDF eingesehen werden. Es ist davon auszugehen, dass dieser weitere Boxen folgen werden, mit der das Spiel weiterentwickelt werden wird.

 

Das Fazit:

„Der Ringkrieg“ ist ein komplexes Brettspiel, dem es gelingt, sowohl durch ausgeklügelte Regelmechaniken als auch durch wunderbares Spielmaterial, die Stimmung der „Der Herr Der Ringe“ – Trilogie einzufangen und an den heimischen Spieltisch zu bringen.

 

So episch das Werk ist, so episch ist auch seine Umsetzung als Brettspiel. Dabei überzeugen die Spielmaterialien auf hohem Niveau, das Spiel macht riesig Spaß und fesselt die Spieler – gerne auch für mehrere Stunden am Stück – in seinem Geschehen.

 

Kleinere „Fehler“ der Vorauflage wurden ausgebügelt, die Regeln etwas verfeinert, das Spielmaterial behutsam angepasst und minimal erweitert. Auch gibt sich der Verlag redlich Mühe, Spielern und Eigentümern der Vorauflage nicht die Anschaffung eines kompletten neuen Spiels aufzuzwingen. Das Angebot eines Upgrade Kits gefällt mir sehr. Die Bereitstellung des neuen Regelheftes als gratis Download ist zwar mittlerweile fast schon Standard, erfreut mich aber trotzdem immer wieder, so dass ich es hier erwähne.

 

Jeder Freund des „Der Herr Der Ringe“ Epos, der gerne auch mal ein (zugeben halbwegs komplexes) Brettspiel spielt, sollte sich hiermit eingehend beschäftigen. Ein Besuch der Seite www.der-ringkrieg.de mit seinen gesammelten Errata, FAQs und Hilfsmitteln ist immer angeraten, auch wenn man das Spiel vielleicht mal übers Netz spielen möchte.

 

Sollte das Spiel nun auch noch in der Zukunft mit einer Reihe weiterer Erweiterungs-Sets ausgebaut werden, dürfte es sich auf lange Sicht einen Platz unter den Klassikern des Genres verdienen.

 

Aufgrund der gemachten Verbesserungen kitzele ich die in der Rezension der 1. Auflage ausgesprochene Note von 4.5 Punkten und vergebe für ein tolles Spiel die ebenso tolle Note von 4.6 Punkten.