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Halo Evolutionen
Bewertung:
(4.7)
Von: Peter Basedau
Alias: Zanan
Am: 07.06.2011
Autor:O’Connor, Nylund, McLees, Goff u.v.m.
Übersetzer:Kern, Tabéh, Dinter Kasprzak, u.a.
Typ:Roman
System:-
Setting:Halo
VerlagPanini Comics
ISBN/ASIN:978-3-8332-2125-5
Inhalt:533 Seiten, Softcover
Preis:16,95 EUR
Sprache:Deutsch

Logbuch von Vice Admiral Preston Cole …

Das Origami-Asteroidenfeld im Jahr 2526 – meine Flotte von einhundertsiebzehn UNSC-Schiffen kämpfte gegen zwölf Allianz-Schiffe. Wir siegten, verloren jedoch siebenundreißig Schiffe.

Xo Boötis, 2528 – siebzig Schiffe gegen acht der Allianz. Noch ein „Sieg“. Ich verlor dreißig Schiffe.

Groombridge, 2530 ...

 

Vorab

Halo – Evolutionen ist ein Sammelband mit zwölf Kurzgeschichten und drei dazu passenden Gedichten aus dem Halo-Universum. Er schließt an die sechsteilige Romanreihe an und das vorliegende Buch beinhaltet die Erzählungen aus den englischsprachigen Sammelbänden Halo Evolutions I und II. Die Autoren beleuchten verschiedenste Aspekte, sei es die Ausbildung von Spartanern, OASTs (Orbitale-Absprung-Schock-Truppen) oder der kolonialen Armee, den Überlebenskampf gefangener UNSC-Truppen, Schlachten am Boden und im All. Altgediente Autoren wie Nylund und O’Connor stehen Seite an Seite mit jüngeren Tastaturkünstlern, doch die Qualität des Geschriebenen ist durchweg ansehnlich. Den Kurzgeschichten folgt eine neue Romantrilogie um die Blutsväter (Forerunner) von Greg Bear, dessen erster Band (Halo – Die Blutsväter 1 – Kryptum) nun auch auf Deutsch zu erhalten ist.

 

Aufmachung

Dieses Buch ist mit einem sehr edlen Umschlag-Softcover mit Farblackbild auf der Frontseite versehen. Die satten 540 Seiten beinhalten neben den Erzählungen und Gedichten auch eine Einleitung von Halo-Mitentwickler Frank O'Connor, der auch Mitternacht auf der Heart of Midlothian beisteuerte. Zudem werden alle Autoren vorgestellt und auch die Übersetzer der Geschichten genannt.

 

Inhalt

Jede Kurzbeschreibung beginnt mit einer „Schlagzeile“, die man im Einband des Buches findet.

 

Der Ausgestoßene – B.K. Evenson

Ein nutzloser SPARTANER-II-Krieger wird zur effektiven Waffe, als er erfährt, dass er nicht an der Seite seiner Kameraden kämpfen darf.

 

Die bekannten Spartaner um den Master Chief (Spartaner John-117) mussten auf ihrem Weg zum übermächtigen Soldaten vieles über sich ergehen lassen. Genetische Veränderungen, Implantate und dergleichen. Nicht alle - oder besser: nur wenige - überstanden diese Prozeduren und wurden zu jenen knapp 30 berühmten Spartanern, die uns in den Videospielen begegnen. Soren-66 gehörte nicht dazu. Zwar war er überaus intelligent und stark aus den Veränderungen erwacht, doch deformierte Beine machten einen Einsatz als Frontsoldat unmöglich. Gefrustet verrichtet er Dienst auf einem niederen Posten, wo er in Kontakt mit einem Rebellen kommt. Ab da nimmt sein Leben eine ungeahnte Wendung.

 

NB: Ein Wiedersehen mit Ausbilder Mendez und Dr. Halsey, welche das gesamte Spartaner-Programm ins Leben rief. „Der Ausgestoßene“ ist sowohl ein schöner Einblick in das Leben derjenigen Spartaner, die es nicht geschafft haben, wie auch in die Gedankenwelt von denjenigen, die dafür verantwortlich sind.

 

Nachtreten wenn's knallt – Eric Raab

Ein Nachrichtenoffizier gerät in die Hände einer erbarmungslosen Brute-Horde.

 

Eigentlich soll ONI-Agent Connor Brien eine Horde Brutes ausspionieren, die einige Kolonisten auf einem entfernten Planeten gefangengenommen hatten. Doch dann fällt er den Bestien selbst in die Hände und muss den harten Alltag in einem Gefangenenlager der Allianz kennenlernen. Die Brutes veranstalten mörderische Spiele mit ihren Opfern und das Ende scheint unausweichlich. Unter den Gefangenen trifft Brien dann auf einen längst totgeglaubten Sektenführer, der im Halo-Universum nahezu den Status des Dalai Lama besitzt. Er setzt alles daran, um diesen Mann aus der Gefangenschaft zu befreien.

 

NB: Wir erhalten Einblick in die Welt der Brutes, die einem Kastensystem unterworfen sind und beim Aufstieg innerhalb der Hierarchie keine Mittel und Wege scheuen, um voranzukommen.

 

Mitternacht auf der Heart of Midlothian – Frank O'Connor

Ein vom Tod Gezeichneter gerät zwischen die Fronten der Allianz und der Menschheit, und das bloß mit einer gleichgültigen KI an seiner Seite.

 

Da legt man(n) sich wegen einer einfachen Krebsoperation ins Krankenquartier seines Zerstörers unters Messer und wacht allein wieder auf. Nur die medizinische, abgespeckte Version der Schiffs-KI ist da und OAST Baird erfährt alsbald, dass die Allianz dem Schiff nach einem Slipstream-Sprung aufgelauert, es geentert und übernommen hat. Jetzt macht die Allianz Jagd auf die KI, um so die Position der Erde zu bekommen.

 

NB: Heart of Midlothian ist der Name eines berüchtigten Gefängnisses in Edinburgh. Diesem widmete der bekannte schottische Autor Walter Scott einen Roman und nach ihm benannte sich einer der zwei großen Fußballvereine der Stadt.

 

Dreck – Tobias S. Bucknell

Die Beichte eines OAST-Soldaten, der mehr beabsichtigte, als nur den Krieg zu gewinnen.

 

Ein junger Marine trifft am Wrack eines Pelican auf den schwerverletzten kolonialen Marine und OAST Gage Yevgenny. Dieser erzählt ihm kurz (auf 43 Seiten) die Geschichte seines Lebens, vom Eintritt in die kolonialen Streitkräfte auf Harvest, über Einsätze an der Heimatfront und den Krieg gegen die Rebellen bis hin zur Ausbildung zum OAST und einem Einsatz a la Three Kings. Und hier, bei der „Rettung“ der Goldreserven einer Bank kommt es zum Gewissenskonflikt unter den Männern und Frauen.

 

NB: So interessant der Blick hinter die Kulissen der kolonialen Politik des UNSC und den Einsatz der einfachen Soldaten ist, stört die Logik des Rahmens etwas. Denn am Ende waren für die ganze Geschichte in der Realität kaum mehr als 15 Minuten vergangen, was kaum ausgereicht hätte, um diese Lebensgeschichte so darzulegen. Unterhaltsam ist sie allemal.

 

Kopfjäger – Jonathan Goff

Eine Spezialeinheit von SPARTANER-III-Soldaten wird auf eine Mission gegen eine bislang unbekannte Elite-Truppe geschickt.

 

Die neue Generation der Spartaner ist ungleich leichter (und schwächer) ausgestattet als die Spartaner um den Master Chief. Dafür sind sie schneller verfügbar und für speziellere Aufgaben zu verwenden, so wie Roland und Jonah. Denn diese beiden wurden als Kopfjäger und Scharfschützen ausgebildet, geübt darin, tief im Feindesland ranghohe Allianzler zu beseitigen oder einen wichtigen Stützpunkt zu zerstören. Die beiden gänzlich verschiedenen Persönlichkeiten und Motive werden beschrieben, als sich die beiden an einen Stützpunkt heranarbeiten, der eine böse Überraschung bereithält. Denn die Allianz weiß um diese Kopfjäger und hat eigene Kommandos ausgebildet, die sich speziell um solche Spartaner „kümmern“ sollen...

 

„Dein Leben ist dir so unwichtig?“ (fragt der Elite, d.R.)

„Nein. Nicht wirklich“, erklärte Jonah. „Ich finde es eigentlich ganz in Ordnung, ich zu sein. Aber dass ihr hier seid bedeutet, dass ihr nicht woanders seid, versteht ihr? Eure Fähigkeiten, euer Talent – dass ihr all das an einige wenige erbärmliche Menschen verschwendet … ja, der Gedanke gefällt mir. Da fühlt man sich gleich so besonders...“

 

Stumpfe Waffen – Fred van Lente

SPARTANER vom Team Black finden heraus, dass die Allianz über wesentlich mehr Zerstörungspotenzial verfügt, als ihre eigene Militärmaschinerie.

 

Team Black – eine Spartanergruppe ohne Namen – soll eine Bergwerkseinrichtung der Allianz auf einem abgelegenen Planeten zerstören. Dabei bemerken sie, dass die Arbeiten von Drohnen verrichtet werden und Schakale und Jäger die Überwachung leiten. Black-Zwei findet eine verstümmelte Drohne und mit ihrer Hilfe wollen die Spartaner die augenscheinlich größere Bedrohung beseitigen und die Drohnen befreien. Doch nicht immer ist alles so, wie es scheint.

 

NB: Netter Einblick in die „Normalität“ hinter den Kulissen der Allianz.

 

Die Mona Lisa – Jeff Vandermeer & Tessa Kum

Von den Schrecken, eine Flood-Infektion überlebt zu haben.

 

Der Captain der Red Horse hat den Auftrag, ein still im All treibendes Schiff des UNSC zu überprüfen. Eine gefundene Rettungskapsel spie einen dem Tode geweihten Mann aus, der unverständliches Zeug faselte, ehe er verstarb. Der Captain schickt einen Trupp Marines zur Mona Lisa, stets überwacht von einer speziell für diese Mission „bereitgestellten“ KI. Das Schiff ist eigentümlicherweise kaum gekennzeichnet und über seine Mission nichts bekannt. Den Marines offenbart sich zunächst ein Geisterschiff, doch bald erfahren sie, dass die Geister an Bord das kleinste aller Übel sind.

 

 

Palasthotel – Robt McLees

Der Masterchief gerät in einen Konflikt mit seiner Menschlichkeit, während er sich durch die Kriegszone von Neu-Mombasa kämpft.

 

Diese Geschichte führt uns direkt in ein Kapitel von Halo II (dem Videospiel) und wir begleiten den Master Chief und einige Marines beim Kampf um Neu-Mombasa. Sehr bildlich und detailliert, ganz im Stile der ersten drei Halo-Romane. Und zuguterletzt hat John-117 eine Begegnung der etwas anderen Art – für seine Verhältnisse.

 

 

Menschliche Schwäche – Karen Traviss

Der Gravemind, mit seinem unstillbaren Hunger, frisst sich durch das gepeinigte Bewusstsein Cortanas.

 

Wiederum eine Rückkehr zu Halo II und dem allseits unbeliebten Psycho-Krieg zwischen dem Gravemind und Cortana, der KI der Pillar of Autumn, die den Master Chief schon in Halo I begleitet hat.

 

NB: So zäh wie im Videospiel...

 

Das unmögliche Leben und der sehr wahrscheinliche Tod des Admirals Preston J. Cole. - Eric Nylund

Die Vita des wohl berühmtesten Admirals des UNSC wird hier näher vorgestellt, teils in eigenen Geschichten, teils über Logbucheinträge und teils über Geheimdienstanalysen. Man braucht seine Zeit, um sich mit diesem Schreibstil zurechtzufinden, doch gerade zum Ende hin wird es sehr interessant, zumal auch UNSC-Geschichte jenseits der Spartanereinsätze beleuchtet wird. Denn der Admiral hatte einige interessante Gefechte mit den Rebellen und nicht zuletzt einem Kreuzer namens Bellicose auszutragen, dessen Captain eine gewichte Rolle im Leben Coles spielen wird.

 

NB: Wunderbarer Einblick in die Welt der interstellaren Kriegsführung, die jenseits der Videospiele stattfindet.

 

Die Rückkehr - KevinGrace

Nach dem Krieg der Allianz gegen die Menschheit kehrt ein Elite zum Ort seines größten Erfolges zurück, während er zugleich an seiner schwersten Niederlage zu tragen hat.

 

Ein Schiffsmeister (nicht Captain, sic!) der Allianz kehrt auf einen Planeten zurück, den er vor Jahren hat teil-verglasen lassen. Nach zweiwöchiger Wanderschaft und augenscheinlich unerfüllter Selbstfindung trifft er schließlich unerwartet auf Schakale und Menschen.

 

Aus dem Büro von Dr. William Arthur Iqbal

Ein „Brief vom Fachbereich für xenoarchäologische Studien der Universität Edinburgh“ … rundet die Kurzgeschichtenreihe ab. Hier wird anhand diverser Funde und Mitteilungen analysiert, weshalb die Allianz eigentlich durchs All streift und wozu die Ringwelten (den Halos) dienten.

 

NB: Offiziell – wohl wegen der Kürze – nicht als Kurzgeschichte deklariert, bietet diese Erzählung eine Art Cliffhanger zu der Blutsväter-Trilogie.

 

Fazit:

Der letzte Satz des Einbandes sagt eigentlich alles: Ein Muss für jeden Halo-Fan! Nicht nur wegen des guten Preis-Leistungsverhältnisses (und der tollen Aufmachung seitens Paninis), sondern auch wegen der Breite, Tiefe und Qualität der Kurzgeschichten. Durch die Bank weg (gut, die Story mit dem Gravemind ist sehr zäh) beste Unterhaltungslektüre und auch für nicht-Kenner des Halo-Universums interessant, die hier ein wenig vom „Halo-Feeling“ vermittelt bekommen. Zugegebener Maßen wird man nicht immer Freude am Ende einiger der Geschichten haben, aber das bringen die beschriebenen Ereignisse mit sich, zumal sie nicht selten auf „faktischen“ Geschehnissen im Halo-Universum beruhen.

 

Übersetzung

Nahezu ohne Beanstandung. Was in Vorgängerromanen angekreidet wurde, fällt hier nahezu völlig weg, einzig (sic!) die Shipmaster wurden zum Captain gemacht, doch schon in Halo II Allianz-technisch als Schiffsmeister übersetzt. Es liest sich im Deutschen weitaus flüssiger als im Englischen, da sich dort einige Autoren eines eher freien, abgehackten Stils bedient haben, der den Übersetzern sicher einiges abverlangt hat.