Der Barde im FokusDer Barde - Eine AnalyseDer Barde scheint ähnlich wie der Waldläufer eine recht schwache Klasse zu sein. Insbesondere im Kampf erscheint der Barde schwach. Die Rolle des Barden zu definieren, ist nicht sehr einfach. Im Gegensatz zum Waldläufer, der sehr flexibel ist, ist der Spieler beim Barden vor eine Vielzahl von Entscheidungen gestellt, die den Barden in eine bestimmte Richtung lenken. Auch bei den Fertigkeiten ist es nicht besser. Der Barde kann mit vier Fertigkeitspunkten pro Stufe kaum sämtliche Fertigkeiten sinnvoll belegen (das schafft nicht einmal ein Schurke). Der Spieler muss also in zwei Gebieten, Fertigkeiten und Zauber, grundlegende Entscheidungen treffen. Es empfiehlt sich hier, die Fähigkeiten des Barden so aufzubauen, dass sie aufeinander aufbauen. Daher will ich versuchen, mehrere Bardenkonzepte darzustellen. Zunächst stelle ich aber einige allgemeine Hinweise auf, die von allen Barden-Spielern beachtet werden sollten. Ich beziehe mich wie bei der Analyse des Waldläufers nur auf die Grundregeln. In den vielen Erweiterungen, insbesondere im Forgotten Realms Campaign Setting (FRCS), Magic of Faerun (MaF), Tome & Blood (T&B) und Song & Silence (S&S) findet man viele neue Zauber und Talente, die den Barden noch weiter aufwerten.
1. AttributeDer Barde sollte seine Attribute folgendermaßen verteilen: Die besten drei Attribute sollten auf alle Fälle auf Charisma, Intelligenz und Geschicklichkeit gesetzt werden (Reihenfolge ist egal, siehe aber auch weiter unten die Barden-Konzepte), an vierter Stelle Konstitution, dann Stärke und letztlich Weisheit. Geschicklichkeit kann eine niedrige Stärke dank des Talents Waffenfinesse ausgleichen (man macht natürlich recht wenig Schaden, aber man trifft zumindest regelmäßig) und Fernkampf ist dann immer eine Alternative. Eine hohe Geschicklichkeit gleicht auch eine schlechte RK aus (wenn man z.B. keine Rüstung trägt, was zu empfehlen ist). Da die große Auswahl von Fertigkeiten eine Stärke ist, braucht man auch viele Fertigkeits-Punkte, daher ist eine hohe Intelligenz hilfreich, zudem auch die Fähigkeit Bardenwissen dadurch gefördert wird. Charisma ist natürlich wegen der Zauber äußerst wichtig. Man sollte immer ein so hohes Charisma haben, dass man mit Bonuszaubern den höchsten Grad belegt (daher auf der 7. Stufe mindestens Charisma 16 um einen Zauber im 3. Grad zu erhalten oder Charisma 18 auf der 10. Stufe, um einen im vierten Grad zu erhalten). Man sollte auf der 16. Stufe auf alle Fälle Charisma 22 haben, um sofort den 6. Grad zu bekommen.
2. BardenmusikÜber die Fähigkeit, bestimmte übernatürliche Effekte durch Musik zu erzeugen, verfügt nur der Barde. Diese Fähigkeit zeichnet den Barden daher besonders aus und sollte möglichst häufig angewendet werden. Abhängig ist die Fähigkeit von den Rängen in der Fertigkeit Auftreten. Daher sollte diese immer maximiert werden, zumindest bis man "Lied der Größe" verwenden kann (12 Ränge = 9. Stufe). Die einzelnen Bardenlieder wirken nicht allzu stark, können aber recht effektiv eingesetzt werden, wenn man clever ist. Einige Tipps zur Anwendung einzelner Bardenlieder:
Lied des Mutes Bereits auf der 1. Stufe ist diese Fähigkeit anwendbar. Wichtig ist hier, dass diese Fähigkeit auch den Barden selbst betrifft (was seine Kampfkraft steigert). Die Fähigkeit ist besonders effektiv, wenn man viele Alliierte hat und somit möglichst viele Wesen betroffen sind. Sie ist daher gut mit den Monster-Herbeirufungs-Sprüchen zu kombinieren, mit denen man sich viele Verbündete verschaffen kann. Insbesondere, wenn man die Option wählt, mehrere Monster zu beschwören, kann diese Fähigkeit voll zur Geltung kommen.
Bannlied Diese Fähigkeit ist ebenfalls auf der 1. Stufe anwendbar. Leider gibt es zumindest nach den Grundregeln wenig Gelegenheit, diese einzusetzen. Durch Erweiterungsbände wie Magic of Faerun ist die Anzahl der Zauber, die Geräusch-Effekte verwenden, aber stark gestiegen. Daher wird auch die Effektivität dieser Fähigkeit gestärkt. Ansonsten gibt es noch recht viele Monster, die mit "Geräusch-Angriffen" angreifen (Harpien, Destrachan etc.). Besonders effektiv ist natürlich, diese Fähigkeit gegen andere Barden einzusetzen.
Faszinieren Auch diese Fähigkeit ist bereits auf der 1. Stufe anwendbar. Diese Fähigkeit ist als Ablenkung besonders nützlich und kann einer Gruppe Zeit verschaffen, sich günstig zu positionieren, bevor es zu einem Kampf kommt. Es kann auch gelingen, einen Kampf so komplett zu umgehen. Da das Opfer einen Willenswurf machen muss, sind natürlich Wesen mit schlechtem Willens-Rettungswurf die besten Opfer.
Lied des Erfolges Diese Fähigkeit kann erst auf der 3. Stufe benutzt werden. Sie kann ebenfalls auf den Barden selbst angewandt werden (er gilt auch als Alliierter laut dem Sage). Sie ist besonders nützlich bei Fertigkeitswürfen, bei denen man weder 10 oder 20 nehmen kann und deren Erfolg sehr wichtig ist (wie bei "Magischen Gegenstand benutzen", dem Übertragen von Zaubern von Schriftrollen, dem Entschärfen von Fallen, dem Heilen von sterbenden SC etc.).
Einflüsterung Diese Fähigkeit kann erst auf der 6. Stufe verwendet werden und erweitert die Faszinieren-Fähigkeit bedeutsam. Die Einflüsterung zählt nicht gegen die tägliche Anzahl der Bardenlieder und wirkt genauso wie der Zauber. Das bedeutet, sie hält 1 Stunde pro Stufe an. Hier kommt es natürlich darauf an, das Wesen möglichst klug zu beeinflussen. Wer hier clever ist, kann so einen potentiellen Gegner ohne Kampf beseitigen (indem das Wesen wegschickt wird) oder gar einen Verbündeten gewinnen.
Lied der Größe Diese Fähigkeit kann man erst ab der 9. Stufe anwenden. Sie ist ein effektives Mittel, gerade Hexenmeister und Magier vor einem harten Kampf etwas aufzupowern. Durch die zusätzlichen TP (2W10 + Konstitutionsmodifikator) und den Bonus auf Zähigkeit werden diese besser geschützt. In hohen Stufen wird der Barde diese Fähigkeit auf sehr viele Alliierte anwenden können. Gerade schwache Wesen (z.B. beschworene oder Gefolgsleute) profitieren davon.
3. BardenwissenDer Barde verfügt bereits auf der 1. Stufe über diese Fähigkeit. Sie sollte daher bereits von Anfang an regelmäßig eingesetzt werden. Diese Fähigkeit ist allerdings abhängig vom SL. Der Spieler sollte darauf hinweisen, dass diese Fähigkeit sehr häufig zur Anwendung kommen kann. Die Fähigkeit sollte dem Barden die Möglichkeit geben, über Personen, Orte und Geschichte des Abenteuers ein größeres Verständnis zu gewinnen. Der SL muss nicht immer eine perfekte Antwort parat haben, er sollte sich aber schon Gedanken über den Einsatz dieser Fähigkeit vor dem Abenteuer machen. Der Barde sollte regelmäßig bei besonderen Orten oder bekannten Personen eine Probe machen, um zusätzliche Informationen erlangen zu können (z.B. eine Charaktereigenschaft eines NSC). Der SL sollte dem Barden das Gefühl geben, er findet dank dieser Fähigkeit Informationen, die der Gruppe im Abenteuer weiterhelfen. Ein kleines Beispiel: Die Spieler-Charaktere betreten die Stadt Tiefwasser, in der sie noch nie waren. Der Spieler des Barden macht eine Probe (er schafft knapp die 10). Er erfährt, dass Tiefwasser von einer Gruppe anonymer Fürsten regiert wird, die sich dank mächtiger Magie im Verborgenen halten, und selbst die Bevölkerung diese nicht kennen. Es existiert lediglich ein sogenannter offener Fürst mit dem Namen Piereigon Paladinsohn. Der Spieler könnte nun eine weitere Probe machen, ob er etwas über Piereigon gehört hat. Hätte er vorher eine 20 geschafft, hätte der SL mehr Informationen geben können, so z.B. dass es 16 Fürsten von Tiefwasser gibt, dass einige frühere Fürsten bekannt sind, so z.B. dass Khelben "Schwarzstab" Arunsun mal ein Fürst war etc. (das kann dann zu weiteren Proben führen, so z.B. was der Spitzname von Khelben bedeutet etc.). Der SL sollte aber darauf achten, dass die Proben nicht übermäßig viel in Anspruch genommen werden und neue Antworten nicht immer neue Fragen aufwerfen. Der Spieler muss das Gefühl haben, die Fähigkeit ist sinnvoll und effektiv. Der Spieler sollte dadurch ab und zu auch Vorteile erlangen können (besonderes Wissen über das Abenteuer oder Hinweise über Gegner etc.). Die Spieler wollen z.B. einen bekannten Magier in Tiefwasser angreifen. Der Barde macht seine Probe und kann z.B. herausfinden, dass dieser sich auf die Schule der Illusionen spezialisiert hat (eine besonders hohe Probe könnte sogar spezielle Zaubertaktiken, für die der Magier bekannt ist, eröffnen). Die Fähigkeit sollte aber auch klar begrenzt sein. So hilft sie nur bei bekannten Persönlichkeiten der Region und bei besonderen Orten und legendären Gegenständen. Sie hilft aber nicht, um Informationen über irgendeine Person zu erlangen oder irgendeinen Ort, die nicht bekannt sind. Dafür ist die Fertigkeit "Informationen sammeln" da. Gekonnt angewandt kann die Fähigkeit Bardenwissen ein Abenteuer durch geschicktes Streuen von Hintergrundwissen durch den SL wesentlich bereichern. In hohen Stufen, wo der SL wesentlich sparsamer mit Informationen ist, sollte ein Barde regelmäßig mit dieser Fähigkeit an Informationen kommen können, ähnlich wie Magier und Priester mittels Erkenntniszaubern wie "Heiliges Gespräch" oder "Kontakt zu anderen Ebenen".
4. FertigkeitenEs sollte selbstverständlich sein, dass der Barde bis zur 9. Stufe immer Auftreten ausmaximiert, um möglichst alle Bardenmusik-Fähigkeiten anwenden zu können. Auch Konzentration sollte man hoch halten, um möglichst auch im Kampf zaubern zu können.
5. TalenteHier hat der Barde eigentlich freie Wahl. Sehr zu empfehlen ist, Waffenfinesse auf der 3. Stufe mit einer Nahkampf-Waffe zu nehmen (wenn man keine hohe Stärke hat und eine hohe Geschicklichkeit, was sehr wahrscheinlich ist). Die wohl beste Waffe, die ein Barde mit Waffenfinesse belegen kann, ist das Rapier. Auf der 6. oder 12. Stufe sollte der Barde dann ein Talent zur Erschaffung von Gegenständen nehmen (siehe auch weiter unten unter dem Punkt "Stäbe und Stecken - eine Stärke des Barden?").
6. AusrüstungEin Barde sollte grundsätzlich auf Rüstung verzichten, obwohl er diese anwenden kann. Die Chance, Zauber fehlzuwirken, ist einfach zu groß. Lediglich in den niedrigen Stufen ist dies vielleicht angebracht, da man eh noch nicht sehr viel zaubern kann und man sich noch schlecht andauernd mit Magie schützen kann. Ein kleiner Schild oder eine Tartsche sind sinnvoller, insbesondere wenn sie magisch sind (nur 5% Fehlschlag beim Zaubern). Findet man natürlich eine sehr gute magische Rüstung, sollte man diese Entscheidung überdenken. Grundsätzlich sollte man sich ansonsten auf Magierrüstung verlassen (immerhin +4 RK). Am besten hat man einen Zauberstab der Magierrüstung, der viele Zauber bietet und vor allem billig herzustellen ist. Wer nicht auf Rüstungen verzichten mag, sollte auf alle Fälle das Talent "Gestenlos zaubern" wählen oder sich auf Zauber konzentrieren, die keine Gesten erfordern, bzw. Zauber, die man außerhalb des Kampfes wirkt (so dass man die Rüstung vorher ausziehen kann). Der Barde sollte sich recht schnell ein meisterhaft gefertigtes Musikinstrument zulegen (+2 auf Auftreten). Über Waffen sollte ein Barde natürlich auch verfügen. Hier hat er natürlich freie Wahl. Zumindest eine Fernkampfwaffe und eine Nahkampfwaffe sind aber Pflicht.
7. Stäbe und Stecken - eine Stärke des Barden?Ein häufig nicht beachteter Vorteil des Barden ist die Möglichkeit Stäbe herzustellen, die die primären Zauberwirker-Klassen (Hexenmeister, Priester, Druide und Magier) nicht herstellen können oder die der Barde wesentlich billiger herstellen kann. Dies liegt daran, dass einige Zauber auf der Barden-Spruchliste einen wesentlichen niedrigeren Grad haben als beim Magier, Hexenmeister, Druiden oder Kleriker. Besonders Zauber bis zum 4. Grad sind hier interessant, da dieser das Limit für Stäbe ist. So kann der Barde sowohl Stäbe mit "Person beherrschen" oder "Monster festhalten" herstellen (beide sonst im 5. Grad) oder gar Stäbe mit Sagenkunde (sonst im 6. Grad). Aber der Barde kann auch viele Gegenstände billiger herstellen als andere Klassen, wenn er sich dabei auf Zauber konzentriert, die sonst bei Magiern/Hexenmeistern oder Klerikern in höheren Graden zu finden sind. Im 3. Grad z.B. Monster bezaubern, Verwirrung, Furcht und Ausspähung oder im 2. Grad Einflüsterung und Zungen. Es ist daher sehr zu empfehlen, dass jeder Barde entweder auf der 6. Stufe das Talent Zauberstab herstellen wählt oder auf der 12. Stufe das Talent Zauberstecken herstellen. Ein weiterer Vorteil des Barden ist es, dass er sehr viele unterschiedliche Stäbe oder Stecken aufgrund seiner durchmischten Spruchliste verwenden kann. Man sollte nicht vergessen, dass man jeden Stab bzw. Stecken anwenden kann, dessen Zauber auf der Spruchliste der Charakter-Klasse zu finden ist. So kann ein 1. Stufe Barde z.B. einen "Stab der Heilung kritischer Wunden" anwenden. Der Barde hat hier den Vorteil, dass er Stäbe benutzen kann, die sonst ausschließlich Klerikern, Paladinen und Waldläufern bzw. ausschließlich arkanen Zauberwirkern vorbehalten sind, da er eine von göttlichen und arkanen Zaubern durchmischte Zauberliste hat.
8. CharakterkonzepteHier möchte ich einige interessante Charakterkonzepte für den Barden vorstellen. Es gibt sicherlich noch weitere Möglichkeiten. Ich stelle aber drei sehr naheliegende Konzepte vor, bei denen die Fähigkeiten des Barden voll zur Geltung kommen. Bei jedem dieser Konzepte legt man den Schwerpunkt durch die Verteilung seines höchsten Attributswert jeweils auf ein anderes Attribut (Charisma, Geschicklichkeit und Intelligenz).
9. Klassenkombinationen und PrestigeklassenKlassenkombinationen sind nicht unbedingt eine gute Wahl für den Barden, da man letztlich seine Zauber-Fähigkeiten langsamer ausbaut (daher später an die hohen Grade rankommt). Nimmt man das in Kauf, gibt es aber einige nette Kombinationsmöglichkeiten:
Nicht zu empfehlen sind Klassenkombinationen mit Klerikern, Druiden, Magiern, Hexenmeistern oder Mönchen.
Dank seiner vielen Fertigkeitspunkte und seinen Zaubermöglichkeiten hat der Barde die Möglichkeit, die Voraussetzungen für sehr viele Prestigeklassen zu erfüllen. Es ist vielleicht nicht immer der schnellstmögliche Weg, diese Prestigeklasse als reiner Barde zu erreichen, dennoch steht dem Barden ein Großteil der Prestigeklassen für Magier, Hexenmeister und Schurken zur Verfügung.
10. FazitEinen Barden zu spielen, ist nicht einfach. Es lohnt sich schon, die Regeln genau zu kennen, um ihn möglichst gut auszureizen. Man sollte vor allem die Fähigkeiten des Barden nutzen, die ihn gerade einzigartig machen. Das ist seine gemischte Zauberliste, die Bardenlieder, das Bardenwissen und die vielen Fertigkeiten, zwischen denen der Barde wählen kann. Ein Fehler, den man dringend vermeiden sollte, ist es, den Barden quasi als Ersatz für eine andere Klasse anzusehen. Häufig denkt man sich, der Barde kann heilen! Wunderbar, dann brauchen wir keinen Kleriker. Nie sollte man einen Barden aufbauen, um eine andere Klasse zu ersetzen. Das schafft er nie. Der Barde ist kein guter Heiler, er ist auch kein besonders guter erste-Reihe-Kämpfer. Der Barde ist ein Barde. Seine Rolle lässt sich nur durch die Anwendung seiner Spezialfähigkeiten finden und eine individuelle Auswahl an Zaubern und Fertigkeiten, ohne den Versuch, einen Kämpfer oder Kleriker zu emulieren. Der Barde ist keine schwache Klasse, wenn man ihn richtig spielt. Wie bereits erwähnt, gehört dazu aber auch ein wenig Unterstützung durch den SL, der die Fähigkeiten des Barden fordert.
© David "Zechi" Zechmeister |
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