InhaltNeeeeeeeeeeeeeeeein! Nachdem ich vom schicken grünen, goldgerahmten Umschlag total begeistert war und mich auch das senfgelbe Umschlagsblatt nicht abschrecken konnte, ist im Inneren des Buches mein schlimmster Alptraum wahr geworden. Die Kerle haben nicht die erste Fassung von AD&D 2 für das Reprint genommen, sondern die zweite Auflage – die sogenannte „schwarze Reihe“. Eigentlich heißt sie so, weil die Cover alle dicke schwarze Rahmen haben, aber ich finde das Layout so unfassbar fies, dass ich mir ganz sicher bin, dass daher der Beiname „schwarz“ stammen muss. Von den Innen-Ilustratoren ist eigentlich nur Easley namhaft und auch nur annähernd gut, der Schrifttyp der Überschriften macht mich schon beim kurzen Drüberschauen wütend und die bescheuerten roten Rahmen ordnen zwar recht brauchbar, verursachen aber fiesen Augenkrebs.
Bah! Schämt euch was und druckt sofort nur für mich die ursprüngliche AD&D 2-Fassung!
Hmmmm… Ist gar nicht so leicht ein Buch zu besprechen, das man in- und auswendig kennt. So bin ich sicher, dass man die Charaktererschaffung und die dazu benötigten Tabellen sinnvoller hätte anordnen können (okay, sie sind auch noch mal in den Anhängen zusammengefasst), aber ich bin wahrscheinlich so betriebsblind, dass mir das gar nicht auffällt, weil ich genau weiß wo ich hinblättern muss.
Wollt ihr eine inhaltlich saubere und korrekte Besprechung lesen, die schildert, was genau in diesem Buch enthalten ist, möchte ich euch gerne an die Parallel-Besprechung von Speren verweisen – seht sie euch mal hier an! Wobei ich an einer Stelle mal direkt vehement einschreiten möchte. Er kritisiert die Probleme mit dem Begriff „Rettungswurf / Saving throw“, der erst viel zu spät eingeführt und erklärt würde. Pustekuchen! Der gute Junge steht direkt zu Beginn im Glossar (S. 15) und dann direkt auf S. 16 nochmal in der Übersicht, dass die Bestimmung des ST in Schritt 6 und zwar mit Hilfe von Tabelle 60 stattzufinden hätte. Ist doch astrein gelöst.
Spontan fallen mir, der ich das Buch im Gegensatz zu Speren gut kenne, zwei Dinge auf, die mir nie so bewusst waren. Das eigentliche Grundregelwerk ist relativ „schmal“. So finden sich die wirklich zum Spiel benötigten Regeln auf den Seiten 19 bis 163 – das sind mal eben 145 Seiten – viel weniger hat beispielsweise Labyrinth Lord auch nicht. Des Weiteren war mir noch nie so bewusst wie unglaublich viele optionale Regeln es gibt. Gerade im Kampf-Kapitel sind fast 50% Optionalregeln, im restlichen Buch dürfte es über den Daumen gepeilt so etwa 1/6 sein. Vor den angegeben Seiten gibt es einen kleinen Einblick in das Hobby „Rollenspiel“ und eine richtig, richtig gute einseitige Zusammenfassung der Charaktererschaffung. Nach dem Regelteil gibt es satte 142 Seiten mit Magier- und Priestersprüchen – auch hier wieder ergänzt um Spruchlisten nach Stufen und nach Sphären. Ist das hier der Zeitpunkt anzumerken, dass ich diese Kategorisierung das AD&D-Sprüche schon immer für totalen Mumpitz halte?
Abschließend gibt es dann sämtliche Tabellen, die man zur Charaktererschaffung benötigt sowie einen wirklich sorgfältig erarbeiteten Index. Dass schon das Inhaltsverzeichnis total aufgeräumt ist und auch noch alle Tabellen mit Titel und Seitenzahl direkt hinter dem Inhaltsverzeichnis stehen, muss ich wohl nicht gesondert erwähnen, oder? Verdammt! Dieses Buch verdient wirklich Bestnoten in „Benutzerfreundlichkeit“ – warum nur sieht es so unfassbar fies aus? Ich muss echt mal Talamar fragen ob wir das Recht haben, eine Seite zu scannen und in die Rezi einzuflechten – das muss man einfach mal gesehen haben…
Aber kommen wir doch noch mal zurück zum eigentlichen Regelkern – hier demonstriert anhand der Charaktererschaffung. Der ist nämlich – ignoriert man die vielen Optionalregeln – erschreckend einfach. Ich habe 6 Attribute mit Werten von 3 bis 18. Diese werden nach Wahl der Rasse noch mal modifiziert. Die Höhe der Attribute wirkt sich im Spiel auf unterschiedliche andere Werte aus – wird direkt zu Beginn in Tabellenform angegeben. Im Anschluss suche ich mir eine Klasse (moderner: einen Beruf) aus – besonderes Bonbon – ich kann auch Klassenkombinationen wählen. So könnte mein Halbelf theoretisch ein Kämpfer-Magier-Dieb sein und so ziemlich alles können, was man können muss. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass er saulangsam aufsteigt, weil die gesammelten Erfahrungspunkte durch die Klassen geteilt werden. Das sorgt dafür, dass einem gerade zu Beginn die Spezialisten an Kompetenz weit, weit enteilen und man es sich gründlich überlegen sollte, die eierlegende Wollmilchsau zu spielen. Weitere Werte meines Charakters sind seine Trefferpunkte (wie viel auf die Ömme kann er vertragen), seine Gesinnung (alleine dazu könnte man bibeldicke Abhandlungen schreiben), und sein Thac0 (deutsch: ETW0 – und nein, dieser Wert benötigt kein Studium in Raketenwissenschaften – ich habe da vor 4729654 Jahren mal etwas zu gebloggt: - interessant auch die Kommentare). Dazu gibt es noch Waffen- und Nichtwaffenfertigkeiten sowie die Bewegungsrate. Dann rüste ich meinen Charakter mit seinem Stargeld aus – fertig ist die Laube.
Im eigentlichen Kampf muss ich dann wirklich nur noch meinen Angriffswert, meine Initiative und den Schaden meiner Waffe kennen und alles wird gut. (Okay als Spruchwirker hilft es natürlich auch seine Sprüche auf dem Kasten zu haben.) Höhere Ini fängt an – ich kloppe mit nem 20er Würfel drauf – wenn ich treffe mache ich meinen Waffenschaden – wenn irgendwer 0 TP oder niedriger hat, ist er Matsch. Feddich.
Schnell, „sauber“, elegant, ohne viele Finessen – böse Zungen würden sagen „Trefferpunkte runterkloppen“, aber so lassen sich Kämpfe wirklich schnell abwickeln und es ist mehr Zeit für die Story.
… alles Weitere dann im „Dungeon Master Guide“!
Fazit:Ich kann es nicht anders sagen – AD&D 2 ist ein absoluter Klassiker, der ohne großen Schaden gealtert ist. Alle diejenigen, die sagen, dass ihnen das Spiel zu zerfasert wäre oder die Probleme mit der unterschiedlichen Macht der Charaktere haben, haben entweder die Regeln nicht gründlich gelesen, keine tatsächliche Spielerfahrung damit gesammelt oder sie beziehen sich nicht auf das reine Grundregelwerk, sondern haben noch die unzähligen Splatbooks im Hinterkopf, die im Laufe der 90er dafür gesorgt haben, dass die Regeln unübersichtlich wurden und sich übermächtige Charaktertypen herauskristallisierten, die das Gleichgewicht des Spiels (innerhalb der Spielergruppe) durcheinander würfeln konnten. Wer die alten Bücher nicht im Regal stehen hat und sowohl etwas für seine historische Rollenspielbildung tun will, als auch ein hervorragend funktionierendes System erstehen möchte, der kann hier bedenkenlos zugreifen. Lasst es euch von mir gesagt sein – ich habe das System 8 Jahre lang richtig, richtig in- und extensiv gespielt und selbst heute spiele ich noch in einer AD&D 2-Forgotten Realms-Kampagne, die richtig, richtig viel Spaß macht und die komplett „by the book“ bestens funktioniert.
Natürlich kann man den Schlawinern von Wizards Beutelschneiderei vorwerfen, aber a) wer will es ihnen verdenken, dass sie aus ihrer IP noch ein paar Dollar mehr rausquetschen, schließlich sind sie nicht Oxfam und b) freuen sich sicher immer noch einige, wenn sie eine brandneue Fassung mit einigen Errata und einem wirklich schicken zeitlosen, aber dennoch irgendwie herzerfrischen altmodischen Cover in Händen halten dürfen.
Als Grundregelwerk gibt es natürlich wie immer keine Wertung, daher die 0,0 in der Wertungsbox, aber müsste ich eine geben, so wäre das System auch heute noch locker für eine kleine Viererwertung oder zumindest eine hohe Dreierwertung gut.
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