„Into the Red“ geleitet Euch in die Wirren eines ausbrechenden Krieges. An den Hof des Königs gerufen, werdet Ihr bewaffnet und ausgerüstet und müsst Euch in einer gewaltigen Schlacht bewähren. Ihr geratet in Hinterhalte, schlagt Euch mit Monstern und denkt wehmütig an zu Hause zurück. Diese Reise wird Euch viel abverlangen; sie fordert all Euren Mut, Ihr habt Entbehrungen, Verlust und Schmerz zu ertragen.“ So steht es auf der Erdenstern-Webseite, ob ihre zweite CD diesem Anspruch gerecht wird, will ich mit dieser Rezension herausfinden.

 

Nach „Into the Green“ bei dem es vor allem um Reisen geht, ist im Mai „Into the Red“ erschienen. Nun stehen Krieg und Schlachten im Mittelpunkt. Wie bereits beim letzten Mal treten die Musiker an, Soundtracks speziell für Rollenspiele –oder wie es auf ihrer Webseite steht: „Fantastische Musik für das Abenteuer im Kopf“- zu präsentieren. Und um es vorweg zu nehmen, wie beim letzten Mal gelingt es ihnen.

 

Was bietet die CD?

Es sind 22 Titel mit wieder fast 80 Minuten Spielzeit, also soviel wie man eben auf eine Standard-CD packen kann. Als Instrumente kommen Naturinstrumente oder hochwertige Samples solcher Instrumente zum Einsatz, angereichert mit gelegentlichen Geräusch-Samples. Die Instrumentierung gleicht „Into the Green“, wobei einiges mehr an Schlagwerk zum Einsatz kommt, was aber gut zum Thema der CD passt. Diesmal ist das Booklet ein wenig mitteilsamer, wenn es um die Musiker und die Mitglieder von Erdenstern geht. Jedoch ist es immer noch nicht viel, was man erfährt. Dafür gibt es zweisprachig wieder sehr gut Auskunft zu den einzelnen Titeln und den Stimmungen die transportiert werden sollen. Komponist aller Stücke ist wieder Andreas Petersen. Er zeichnet auch mit den beiden anderen Erdenstern-Mitgliedern (Eva-Maria Irek und Per Dittmann) für die Produktion der Musik verantwortlich.

 

Die Präsentation der Stücke im Booklet wurde ein wenig verändert, aber man bekommt wieder wertvolle Hinweise, wie und wann man die Stücke einsetzen kann. Wobei kreativen SL sicherlich auch noch weitere Einsatzmöglichkeiten einfallen werden.

 

1. Invasion – A sudden end of peace – bedrohlich, treibend

Das Stück beginnt mit einigen idyllisch klingenden Akkorden, bevor dunkle Wolken am Horizont auftauchen und eine riesige Armee aufmarschiert. Wunderbar, wie die Musik hier diese Atmosphäre einfängt. Als Einleitung nimmt dieses Stück die Stimmung der gesamten CD vorweg: anfangs fröhlich beschwingt, danach immer düsterer und bedrohlicher.

 

2. The Castle – Strong walls and ministrels – höfisch, beschwingt, groß

Dieses Stück lässt sich gut einsetzen, wenn man das Treiben an einem mittelalterlichen Hof illustrieren will. Also auch hier genau getroffen.

 

3. Dances – A light-hearted night out – mittelalterlich, tänzerisch

Dieses Stück ist nochmals für höfisches Treiben geeignet. Man kann es zu jeder Art mittelalterlicher Tanzveranstaltung einsetzen. Ein diplomatischer Empfang, politische Intrigen am Rande eines höfischen Festes. Wegen der langen Pause am Ende des Stückes lässt es sich leider nicht perfekt in Schleife abspielen, aber sicherlich lässt sich auch die Pause kreativ nutzen.

 

4. Foreshadowing – A vision of evil – unheimlich, beschwörend, dunkel

Hier wird der heraufziehende Konflikt beschworen. Aber sicherlich lässt es sich auch für dunkle Rituale einsetzen. Beklemmung lösen auch die wunderbar arrangierten Stimmen aus. Das klingt nach gequälten Seelen, Gefangenen- oder Sklavenchor. Wieder hervorragend die Stimmung eingefangen.

 

5. The Tournament – May the best one win – kämpferisch, folkloristisch, rhythmisch

Hier wird –ein letztes Mal- die Atmosphäre eines mittelalterlichen Herrschaftssitzes eingefangen. Aber zu der Musik könnten auch Derwische tanzen.

 

6. Farewell – One last night – melancholisch, getragen, erhebend

Jetzt heißt es Abschied nehmen. Nein, nicht von der CD, aber von denen, die in den Krieg und damit eine ungewisse Zukunft ziehen müssen. Das Stück greift gegen Ende bereits das Thema des nächsten Stückes auf.

 

7. Into The Red – Death or glory – heldenhaft, rhythmisch, kraftvoll

Das Hauptthema dieses Stückes zieht sich wie der berühmte (ich wage es kaum zu schreiben) rote Faden durch die gesamte CD. Es wird immer wieder variiert und ist ein wunderbarer Ohrwurm, den man auch ohne die CD irgendwann vor sich hin summen wird. Sehr heroisch!

 

8. Dead Village – We’re too late – geisterhaft, neblig, leer

Nach dem fulminanten Titelstück ein eher leises Stück, dass die geisterhafte Atmosphäre sehr gut vermittelt. Man kann sich gut vorstellen, wie eine Gruppe Abenteuer hier durch ein Tal zieht und rings um sie herum ist außer verkohlten Ruinen nichts mehr zu sehen. Und gerade wenn man sich die CD am Stück anhört, versteht man, wie gut Erdenstern die Zusammenstellung der Stücke gelungen ist.

 

9. Through Wind And Rain – Rough terrain, bad weather – treibend, ungewiss, sich steigernd

Nach dem ruhigen Dead Village baut sich dieses Stück langsam auf. Dramatisch und sehr bombastisch …und die ganze Zeit meint man den Regen leise prasseln sowie die Wind um die Ohren streichen zu hören. Einige wenige Samples unterstreichen die Atmosphäre, aber im Gegensatz zu den Gewittersamples von „Into The Green - Through The Mist“ sind diese hier gut eingesetzt und tragen nicht zu dick auf.

 

10. Ambush – Caught off guard – kämpferisch, hektisch, bedrohlich

Der Hinterhalt in den die Helden hier geraten sollen, ist spürbar und so ist das Stück auch für Kampfszenen wunderbar einsetzbar. Das Hauptthema wird hier ebenfalls sehr schön variiert.

 

11. The Mines – The best swords are made here – beeindruckend, schwer, metallisch

Nun geht es hinab in die Tiefen der Erde. Zum einen kann man sich wunderbar dunkle Gänge vorstellen, aber auch erhabene zwergische Hallen, schwarze Abgründe und das Hämmern von Zwergenschmieden. Kleiner Exkurs: wer noch mehr hämmernde Zwerge eingebettet in fantastische Musik haben möchte, der sollte mal in Richard Wagners „Rheingold“ reinhören. Der Abstieg Wotans und Loges in die Welt der Zwerge am Ende der zweiten Szene ist wunderbar dunkel und düster, garniert mit dem Klang dutzender Hämmer auf Ambossen…

 

12. Damn Little Folk – Yet another Problem with small hands and long teeth – humorvoll, übertrieben, gemein

Nach all der Dramatik tut dieses eher lustige Lied gut. Man kann sich richtig ein Dorf der Halblinge oder Gnome vorstellen. Oder auch Feenwesen, die den Helden ständig Streiche spielen und auf die Nerven gehen. Aber auch ein Jahrmarkt, ein Fest oder ein Spielmannszug der großen Leute könnten hiermit unterlegt werden.

 

13. Rider From The East – Reinforcement is on the way – energisch, erhebend, heldenhaft

Man kann hier förmlich die Kavallerie über weite grüne Ebene dahineilen hören, auf dem Weg den mutigen Kämpfern einer belagerten Festung Entsatz zu bringen…

 

14. Crossing Swords With Evil – May the gods be with us – kämpferisch, dynamisch, brutal

Der nächste Kampf. Wunderbar wie die Bewegung, das Hin und Her eines Kampfes mit der Musik eingefangen wird. Stimmen werden hier eingesetzt und geben einen gutturalen Chor der Orks (oder was immer man hier gerne hören möchte) zum Besten.

 

15. House Of Healing – Peace and Rest – ruhig, getragen, groß

Nach einem großen Kampf kommt eine Zeit des Ruhens, der Pflege der Verletzten. Und nach der Hektik des letzten Stücks, tut die Ruhe dieses Stückes auch gut. Eine Solostimme hebt zu einer – eher orientalisch angehauchten – Melodie an, die mich persönlich ein wenig stört, da ich nicht wüsste, wie ich diese Stimmung einsetzen könnte, aber für orientalische Kampagnen sehr geeignet. Wobei ich ehrlich sagen muss, dass der Rest des Stückes in jeder Kampagne einsetzbar ist.

 

16. Concentration Of Troops – Raise the king’s banner – treibend, erwartungsvoll, peitschend

Nach der verdienten Verschnaufpause geht es wieder hinaus auf die Straße, zum nächsten Schlachtfeld. Man spürt hier richtig die Weite, in die die Helden ziehen. Auch für eine Seefahrt einsetzbar, auch wenn die Helden hier sicherlich eher auf dem Rücken von Reittieren reisen, denn an Bord eines Seglers…

 

17. Remember The Green – Times get rough and home is far – sentimental, anmutig, schön

Wunderbar, wie in diesem Stück die beiden CDs miteinander verwoben werden. Die Stimmung beider CDs scheint präsent zu sein und sich gegenseitig zu ergänzen. Das Stück ist vielfältig einsetzbar: Morgenstimmung, Waldlichtung, Reise durch einen Wald, über eine Ebene, Erzählung von besseren Zeiten…

 

18. The Battle of Dragons – From the thick of battle to triumph or death – wild, gewaltig, mächtig

Hier kämpfen unsere Helden nicht gegen Wesen ihrer Größe, hier geht es um den Kampf gegen etwas Gigantisches. Dieser Kampf ist weniger hektisch, aber düster und beklemmend.

 

19. Victory – They deserved no better – triumphierend, heldenhaft

Der kurze Triumphschrei der Sieger. Das Hauptthema in all seiner Glorie.

 

20. Defeat – Tend the wounded – traurig, erschöpft

Doch wo es Sieger gibt, da gibt es auch Tote und Verletzte. In diesem kurzen Stück gut eingefangen.

 

21. Grief – The Funeral – klagend, schmerzvoll, vokal

Und auch wenn das Gute am Ende gesiegt hat, um welchen Preis. Die Toten müssen beklagt werden. Getragene, trauernde Stimmung. Wieder ein wenig orientalisch angehaucht, aber auch mit einem großartigen Chor…

 

22. Long Live The King – And honour to the comrades lost – episch, militärisch, glorreich

Der Krieg ist vorbei. Alle Ereignisse laufen nochmals vor unserem inneren Auge vorbei. Wie auch auf der letzten CD bildet Gesang, der einzige mit klar verständlichem Text, in den anderen Stücken war es eher Lautmalerei, wenn auch sehr gelungene Lautmalerei, den Abschluss. Aber auch in diesem Stück kommen Stimmen zum Einsatz, die „nur“ Stimmungen und nicht Text transportieren. Ein sehr gelungener Abschluss.

 

Fazit:

Wie schon beim letzten Mal hat Erdenstern einen guten Job abgeliefert, wenn es darum geht musikalische Stimmungen passend für Rollenspielszenen zu liefern. Und diesmal sogar noch mehr: War „Into the Green“ auch ohne rollenspielerische „Hintergedanken“ für sich gesehen durchaus hörbar, kann man „Into the Red“ auch Leuten empfehlen, die einfach nur Musik hören wollen. Da sich Erdenstern diesmal sehr mit Samples zurückgehalten haben (und die wenigen sind perfekt eingesetzt), kann man die ganze CD wunderbar am Stück hören und genießen.

Auf der Webseite steht inzwischen übrigens auch schon wieder ein Bonus-Track zum freien Download zur Verfügung, der mit dem Material auf der CD gut mithalten kann!

Die Klangqualität ist wie beim letzten Mal über jeden Zweifel erhaben. Kleine Abzüge gibt es für mich jetzt nur noch für das etwas magere Booklet (klar, alles kann man auch im Internet nachlesen, ich will aber halt gerne was ordentliches zum Blättern, wenn ich Musik höre) und weil ich mir höhere Noten noch für die Zukunft aufheben will, denn wenn das nächste Werk eine ähnliche Steigerung gegenüber diesem haben wird, dann muss ich wohl die 5.2 zücken…

 

Wichtiger Hinweis:

Diese Rezension basiert auf der Fassung der „Into the Red-CD“, wie sie 2006 erschienen ist. Die aktuelle Version (2008), die von Erdenstern zum Verkauf angeboten wird, weicht in ihrem Booklet davon ab. Das Booklet steht auch für Käufer der alten Fassung zum Download auf der Homepage von Erdenstern bereit.

Dieses Booklet liegt in zwei Versionen vor. Eine davon ist geeignet, dass man selbst einen neuen Ausdruck herstellen könnte, um das alte Booklet ohne Probleme zu ersetzen. Es folgt in der inhaltlicher Gestaltung und Struktur dem Format des Booklets von “Into the Dark“, was sehr viel Sinn macht.

Ich habe mich im Rahmen der Rezension von Into the Gold dazu entschlossen meine bisherigen Rezensionen kritisch durch zu lesen und eventuell die Bewertung zu korrigieren. In Zusammenhang mit dem neuen Booklet heißt das für mich, dass „Into the Red“ bisher das beste Werk ist, das Erdenstern präsentiert haben. Und wie ich schon im letzten Absatz der ursprünglichen Rezension geschrieben hatte, habe ich eine höhere Note nur wegen des Booklets und der Möglichkeit verweigert, dass demnächst eine bessere Erdenstern-CD erscheinen könnte. Drei (auch sehr gute) CD später, habe ich mich entschlossen, über meinen eigenen Schatten zu springen und „Into the Red“ mit einer glatten 5.0 zu bewerten!

Mehr kann man meiner Meinung für € 14,99 nicht erwarten!