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Into the Dark„Ekel. Entsetzen. Etwas lauert in den Schatten. Into The Dark begleitet Euch dunkle Abgründe hinab, zu übermächtigen Feinden und namenlosen Schrecken. In einer düsteren Gegend vom Wege abgekommen, trefft Ihr unheimliche Wesen, kämpft gegen scheußliche Bestien und erlebt grausige Rituale. Schart Eure Getreuen um Euch und zieht gegen die finsteren Horden. Besiegt Euren Ekel, ringt mit Eurer Furcht und stellt Euch dem Unaussprechlichen. Folgt uns Into The Dark!“ So steht es auf der Erdenstern-Webseite. Ob ihre vierte CD diesem Anspruch gerecht wird, werde ich versuchen, in diesem Artikel zu ergründen.
Mittlerweile zum vierten Mal legen Erdenstern einen Soundtrack speziell für Rollenspiele vor. Neben Grün, Rot und Blau kommt nun mit der Dunkelheit erstmals keine Farbe in die „Bibliothek der Fantastischen Musik“. Dunkelheit bedeutet, dass es primär um Horror und ähnliche Themen geht und so verwundert es nicht, dass ein Cthulhu-Aufkleber („Soundtrack geeignet für Cthulhu – die dunklen Momente des Spiels“) die Verpackung der CD ziert. Dies ist wahrscheinlich aber auch der Tatsache geschuldet, dass die CDs von Erdenstern im Vertrieb von Pegasus-Spiele sind, die auch Cthulhu in Deutschland verlegen. Warum aber Dunkelheit und nicht Schwarz? Schwarz wird ja wohl eher mit Trauer und Melancholie verbunden, hier geht es aber eher um Horror, Grusel und Spannung, so dass ich diese „Farbwahl“ schon verstehe. Per Dittmann hat dazu im Erdenstern-Forum geschrieben: „’Farbe’ fungiert hier als Sammelbegriff für die durch die Betitelung angedeuteten inhaltlichen, atmosphärischen und emotionalen Aspekte der Musik.“
Was bietet die CD? Die CD ist vollgepackt mit 22 Titeln und fast 80 Minuten Spielzeit. Als Instrumente kommen meist sehr gut gesamplete Naturinstrumente gemischt mit live gespielten Instrumenten zum Einsatz, angereichert mit gelegentlichen Geräusch-Samples (die aber inzwischen sehr sparsam eingesetzt werden). Die Instrumentierung entspricht der des klassischen Orchesters, wobei Schlagwerk und Klavier sehr stark zum Einsatz kommen, was aber gut zum Thema der CD passt. Außerdem werden Stimmen verwendet, die Geräusche oder einfache Tonfolgen erzeugen - normalerweise aber ohne Text. Erstmals klingen einige synthetische Klänge an (oder elektronisch sehr stark veränderte Instrumente), was aber unbedingt zum erwarteten Klangbild einer solchen CD passt. Das Booklet ist mit 12 Seiten richtig umfangreich geworden, wie immer sehr schön gestaltet und diesmal auch sehr informativ! Es gibt auf Deutsch und Englisch sehr gut Auskunft zu den einzelnen Titeln sowie über die Stimmungen, die transportiert werden sollen. Komponist aller Stücke ist – wie bei den anderen CDs auch – Andreas Petersen. Er zeichnet auch mit den beiden anderen Erdenstern-Mitgliedern (Eva-Maria Irek und Per Dittmann) für die Produktion der Musik verantwortlich.
Die Präsentation der Stücke im Booklet wurde gegenüber den bisherigen CDs verändert: diesmal wurden die Stücke gruppiert und sollen so wohl eine Anregung geben, welche Stücke für welche Stimmung am besten passen. Diesem neuen Konzept werde ich mich im Anschluss an die Besprechung der einzelnen Titel nochmals widmen.
1. Intruder - The Gates Have Been Opened - einleitend, dramatisch, treibend Ähnlich wie bei dem Intro von „Into The Red“ beginnt Erdenstern hier verhalten, baut ein wenig Stimmung auf, um dann fast unvermittelt bombastisch aufzutrumpfen. Es wird tatsächlich der Eindruck eines Tores vermittelt, das man besser nicht aufgemacht hätte und aus dem nun Dinge strömen, die man besser nicht herausgelassen hätte. Sehr interessant ist die Instrumentierung in der Mischung mit geradezu elegischen Stimmen.
2. Lost - Who Or What Has Been Guiding Us? - schwebend, unsicher, unheimlich Sparsam instrumentiert beginnt das Stück und steigert sich langsam. Tatsächlich spürt man so etwas wie Unsicherheit und man kann das Gefühl des Verlorenseins nachvollziehen. Außerdem hat das Stück etwas Mystisches - es könnte auch in einer dunklen Ecke im Wald eingesetzt werden.
3. The Slaughtered Pony - These Here Are Not Like The Folks At Home - folkloristisch, verstörend, hysterisch Und noch eine Kneipenszene. Aber was für eine… Hier möchte ich jedenfalls kein Bier trinken, ohne mit silbernen Waffen, geheiligtem Wasser und (mindestens) einem Holzpflock ausgerüstet zu sein. Knoblauch könnte vielleicht auch nicht schaden! Aber dann kann man eine merkwürdige Szenerie beobachten: merkwürdig verwachsene Gestalten tanzen einen merkwürdigen Reigen in einer heruntergekommenen Kaschemme! Wunderbar, mit jeder CD werden die Kneipenszenen besser!
4. Starting The Hunt - We Are Prepared - entschlossen, gespannt, offen Vor meinem Auge entstehen Szenen einer Jagd. Dunkle Gestalten hecheln einen Korridor entlang, die Beute vor ihnen ist noch nicht in Sicht, aber zum Greifen nah.
5. Into The Dark - Don’t Look Back! - drückend, gewaltig, bedrohlich Das Titelstück ist tatsächlich düster. Man ist verloren, irgendwo eingedrungen, wo man nicht hingehört und um einen herum ist nur Finsternis.
6. Innocence - She Has Got A Secret And We Don’t Want To Know It - niedlich, unwirklich, verstörend Niedlich trifft es meines Erachtens nicht wirklich - lyrisch schon eher, aber immer wieder kippt die Stimmung und dann wird klar, dass nichts so ist, wie es scheint.
7. Wild Rage - Spilling Blood - hektisch, wütend, tödlich Ein Kampf, eine Schlacht - wie es auch das eingeflochtene Thema aus „Into The Red“ erahnen lässt. Aber diese Schlacht ist mehr wie ein Säbeltanz mit Bewegungen von tödlicher Präzision.
8. The Cursed - Endless Woe And Anguish Among Sinners And Righteous Alike - schmerzvoll, tief, klagend Von Anfang an ist eine hohe Fraustimme zu hören, die eine klagende Melodie zum Besten gibt. Dazu dunkle Streicher und Pauken: dies ist nicht nur Schmerz, sondern auch Beklemmung und Bedrohung.
9. Flesh And Bones - There’s More Where That Came From - fremd, bedrohlich, aufdringlich Nervenaufreibend wie hier ein xylophonartiges Instrument und Schlagwerk hektisch eingesetzt werden. Man kann einen Zug merkwürdiger Gestalten sehen, den man aus sicherer Entfernung beobachtet. Aber was ist schon sicher, wenn die erstmal dort angekommen sind, wo sie hinwollen…
10. Haunted - Something Might Be Watching Us - schwermütig, geisterhaft, verborgen Auch hier ist Spannung greifbar: eine Spannung, die sich fast nicht aufzulösen scheint. Eine gute Portion Verfolgungswahn wird hier auch vermittelt.
11. Knives, Blood, And Searing Pain - Terrors Beyond Belief - quälend, düster, eng Dieses Glück ist zum Glück keine zwei Minuten lang, denn sonst würde die Stimmung, die es verbreitet, einen geradezu in den Wahnsinn treiben. Dieses Stück trifft das Thema der CD meines Erachtens mit am Besten!
12. Just Kill It! - Does It Have A Heart To Aim At? - bedrohlich, gewaltig, dramatisch Bring es einfach um! Leichter gesagt als getan. Nervenaufreibende Schlacht gegen einen Feind, den man schlecht einschätzen kann.
13. Circus - You’ve Never Seen Their Likes Before! - ungewiss, übertrieben, hypnotisch Wie schon bei „The Slaughtered Pony“ machen sich hier Gestalten breit, die nicht von dieser Welt scheinen: seltsam verzerrt, verstörend. Sie spielen ein Spiel, von dem man nicht so genau weiß, wie es enden soll.
14. The Ritual - Awestruck Or Petrified - monoton, drängend, hysterisch Eine Kombination von Stimmen und Schlagwerk versetzt einen mitten in ein dunkles Ritual eines noch dunkleren Kultes. Sehr gelungen!
15. Dungeons - Is That You Behind Me? - schwer, ruhig, kalt Man fühlt sich in einen tiefen Keller hineinversetzt oder in eine riesige Hölle. Das mitgebrachte Licht schafft es kaum, die Dunkelheit zu vertreiben. Eine schwere, nasse Kälte macht sich in den Gliedern breit.
16. Lady Of The Dark - A Cold And Luring Mistress - mystisch, verlockend, streng Ich kann die dunkle Schönheit förmlich vor mir sehen, wie sie auf einem Thron sitzt, umgeben von Lakaien, und mit einem Blinzeln ihrer Augen über Leben und Tod bestimmt.
17. Traitor - Whose Side Are You On - angespannt, hoffnungsvoll, enttäuscht Dieses Lied beginnt mit dem Thema von „Into The Red“, das sich langsam aufzulösen scheint. Danach kann man kein Thema mehr erkennen: es ist mehr ein geräuschvolles Chaos, das sich ebenfalls auflöst und einer Variation des Anfangsthemas weicht, das abermals aufgelöst und weiter variiert wird, nochmals im Chaos versinkt und dann in einigen wenigen Klaviertönen ein letztes Mal erklingt.
18. Evil Overlord - Facing The Mighty Enemy - groß, mächtig, böse Etwas Mächtiges zieht herauf. Keine Ahnung, was der Chor da für Worte singt, aber sie klingen wie Fanfaren. Fanfaren, die nicht hell strahlen sondern bedrückend wirken. Dazu hämmerndes Schlagwerk.
19. Shadows - Ominous Clouds Above Us - schwer, bedrohlich, drückend Die Stimmung ist hier genauso wie versprochen: düster, bedrohlich. Um einen herum sind Schatten, die sich nähern…
20. Hordes Of Undead - Coming Closer At A Steady Pace - martialisch, gewaltig, brutal Und hier kommt endlich die Untotenarmee: Zombies, Skelette, Ghule und was immer man sich an ekligen Gestalten so vorstellen mag marschieren hier auf. Kantig und ungelenk nähern sie sich und klettern förmlich aus den Lautsprechern! Wunderbar wird hier das Thema von „Into the Red“ eingestreut.
21. Requiem - Let The Dead Stay Dead - getragen, sakral, trauernd Ein wunderbarer Trauermarsch voller Melancholie und reichlich Pathos. Mögen die Toten ruhen (und nie wieder erwachen)!
22. Staggering Home - On Safe Ground At Last. Maybe. - melancholisch, abschließend, ungewiss Endlich: man hat alles hinter sich gebracht, die Dunkelheit ist vergangen. Aber ist es nicht so, dass nach jedem Tag wieder eine Nacht kommt? Wie bisher auf jeden Erdenstern-CD ist das letzte Stück das einzige, auf dem einige kurze Zeilen Text gesungen werden - quasi als Abschluss des Ganzen. Und selbst in diesem Gesang kommt Ungewissheit auf: ob jetzt wirklich schon alles vorbei ist…
Erdenstern schlägt im Booklet verschiedene Kombinationen der Stücke vor. Tatsächlich passen diese 5-6 Stücke jeweils wirklich ausgezeichnet zusammen und können problemlos ohne Stimmungsbruch hintereinander abgespielt werden. Z. B. wird empfohlen, die Stücke 2, 5, 8, 10, 15 und 22 miteinander zu kombinieren. Diese scheinen tatsächlich so etwas wie eine kleine Geschichte zu erzählen, die einen immer tiefer in die bedrohliche Dunkelheit zu ziehen scheint und am Ende erlöst. „Into The Green“ und „Into The Red“ boten einen stringenten Handlungsaufbau, den ich bei „Into The Blue“ vermisse. Wenn ich nun „Into The Dark“ vom ersten bis zum letzten Stück anhöre, geht es mir ähnlich. Aber durch die Kombination der Stücke in der im Booklet vorgeschlagen Weise kommen tatsächlich 4 Mini-Suiten zustande, die jeweils einen eigenen Spannungsbogen bieten und die Möglichkeiten der CD nochmals erweitern.
Fazit: Ich muss gestehen, diese CD hat mich vom ersten Hören an fasziniert – und auch in einen Zwiespalt gebracht: schafft sie es meinen bisherigen Erdenstern-Favorit „Into The Red“ vom Thron zu stoßen? Nun ganz eindeutig kann ich das nicht beantworten. „Into The Dark“ klingt (noch) besser, hat ein besseres Booklet und die Musik ist sehr stimmig. Wie „Into The Red“ kann man die Musik auch ohne Rollenspiel genießen (fragt sich nur wieso!). Aber „Into The Red“ spricht mich (noch) ein wenig mehr an, wohl wegen des wunderbaren „Into The Red“-Themas. Da Erdenstern genau dieses Thema auch bei „Into The Dark“ gelegentlich aufblitzen lassen, habe ich mich entschieden, beide einträchtig an die Spitze zu setzen, „Into The Dark“ aber wegen des umfangreicheren Booklets eine leicht bessere Note zu geben. Nur wird die CD auch ihrem Anspruch gerecht, einen Soundtrack zu Horror-Spielsessions a la Cthulhu zu liefern? Die Frage kann ich selbst nicht beantworten, da ich nur „klassische“ Rollenspielsysteme und -welten nutze. Aber durch die Instrumentierung und die oftmals dissonanten Melodien wird meines Erachtens echte Gruselatmosphäre verbreitet, die für dunkle Szenarien geeignet sein sollte. Aber auch der Einsatz im Standard-Fantasy-Bereich scheint mir ohne weiteres möglich. Insgesamt also wieder eine sehr gelungene Vorstellung von Erdenstern, die mich auf die nächste Farbe warten lässt!
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