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„Into The Grey erzählt die Geschichte einer zukünftigen Welt. Technischer Fortschritt hat die Menschen weit überholt, und ein jeder muss sehen, wo er bleibt. Ein Auftrag folgt dem anderen. Ihr trefft auf Wesen, die viel mehr Maschine als Mensch sind. Ihr kommt an Orte, die ihr normalerweise nie betreten würdet. Ihr müsst euch eurer Haut erwehren. Und doch ist genau das eure Welt, hier seid ihr und sind eure Fähigkeiten noch etwas wert, hier könnt ihr, mit etwas Glück, durchkommen. Manchmal sitzt ihr mit anderen verlorenen Seelen in einer Bar, und schaut zu den Sternen. Träumt davon, eines Tages auch dorthin aufzubrechen. Denn dort liegt die Antwort auf die Frage, ob die Zukunft noch eine Zukunft hat.“ Soweit der Einleitungstext aus dem 12-seitigen Booklet der CD.
Die „Bibliothek der Fantastischen Musik“ von Erdenstern komplettiert sich weiter: Die graue Farbe ist inzwischen das sechste Album, das Rollenspielern Musik für den Film im Kopf liefern will. Thema von „Grau“ ist erstmals weniger das typische Fantasy-Spektrum, sondern eher der Bereich Science-Fiction, Cyberpunk etc. Dabei steht wohl „Grau“ vor allem für Stahl und Beton, moderne Werkstoffe also, die man wohl weniger mit den üblichen Fantasy-Settings in Verbindung bringt. Wie gut die Umsetzung Erdenstern gelungen ist, werden wir sehen…
Was bietet die CD?Die CD ist wie üblich vollgepackt mit 21 Titeln und fast 80 Minuten Spielzeit. Die Instrumentierung unterscheidet sich (thematisch bedingt) recht deutlich von den bisherigen Erdenstern-CDs. So kommen zwar weiterhin hochwertig gesampelte klassische Orchesterinstrumente zum Einsatz, aber auch Geräusche werden musikalisch eingesetzt, d. h. nicht einfach als Geräusch verwendet, sondern als Instrument. Das Ganze geht also stellenweise ein wenig in den Bereich Techno, Industrial… Aber keine Panik: Dies ist kein Techno-Album! Auch Bigband- und Rock-Sounds wurden verwendet. Also vom Klangerlebnis sehr modern und am 20. bis 21. Jahrhundert orientiert. Das Booklet ist gut gestaltet und hält auf Deutsch und Englisch viele Informationen bereit. Komponist aller Stücke ist, wie bei den anderen CDs auch, Andreas Petersen. Er zeichnet auch mit den beiden anderen Erdenstern-Mitgliedern (Eva-Maria Irek und Per Dittmann) für die Produktion der Musik verantwortlich. Wie schon bei den letzten CDs (und bei den Neuauflagen der älteren) wurden die Stücke im Booklet thematisch gruppiert und sollen so eine Anregung geben, welche Stücke für welche Stimmung am besten zusammenpassen. Ansonsten gibt es zu jedem Stück kurze Hinweise, was es für Stimmungen transportieren soll und wie man es einsetzen könnte.
1. Interface: Essential In This Day And Age — kraftvoll, rhythmisch, treibend Gleich das erste Stück macht von Beginn an klar, dass diese CD in vielen Dingen anders ist als ihre Vorgänger: Geräusche leiten ein, dann kommen durchaus übliche Streicher, aber sehr viel Schlagwerk und „technische“ Klänge treiben das Stück an. Sehr gelungener Auftakt.
2. Mega City: Our Chance To Survive Is Somewhere In There — groß, mächtig, bedrohlich Im Lufttaxi geht es über eine riesige Stadt.
3. Cyber Club: Shake That... Thing! — rhythmisch, melodisch, eigenartig Willkommen in der Disco des 37. Jahrhunderts. … oder so! Hier ist diese Erdenstern-CD endgültig anders als alle ihre Vorgänger: Elektronische Beats versetzt mit exotischem Gesang in einer unbestimmbaren Aliensprache lassen echte Clubatmosphäre aufkommen.
4. What Is Left To Live For: Is There Still A Point To That? — traurig, einsam, hoffnungslos Ein nachdenkliches Stück, das mir zwar gut gefällt, dessen Einsatz am Spieltisch mir aber nicht ganz einleuchtet.
5. Another Mission: Preparation Is Everything — erwartungsvoll, bewegt, konzentriert Großes Kino. Guter Auftakt für das nächste Stück. Dürfte aber schwer am Tisch als Hintergrundmusik einzusetzen sein…
6. Into The Grey: Out On Our Own Now — energisch, entschlossen, kraftvoll Das Stück enthält als Titelstück alle wesentlichen Elemente dieser CD. Elektronische und verfremdete Klänge, treibende Rhythmik, gepaart mit symphonischen Klängen.
7. Downtown Blues: And Another One For My Friend Here — einsam, kalt, fließend Bei dem Titel hätte ich jetzt eher einen Blues erwarte und nicht das jemand den Blues hat, aber ok…
8. Mercenary: Doing The Job In Style — lässig, lebhaft, treibend Nachdem es auf dieser CD schon reichlich modern wurde, aber eher Richtung Techno/Industrial, ist dieses Stück durch Bläsersätze und fast schon Big-Band-artige Instrumentierung etwas ganz Besonderes. Durchaus gelungen!
9. Pursuit Race: My Foot Is Already Down To The Floor! — schnell, hektisch, rücksichtslos Der richtige Titel für eine spannungsgeladene Verfolgungsjagd: sei es im traditionellen Straßenverkehr oder in der Luft. Bei richtiger Lautstärke wird es fast schon brutal…
10. The Zone: Shortcut To The Other Side— weit, leer, bedrohlich Wie macht man die scheinbare Leere des interstellaren Raums hörbar? Egal, Erdenstern gelingt es hier, und zwar nicht in Form einer verlängerten Pause!
11. Mothership: The First To Go There — souverän, hoffnungsvoll, pathetisch Star Trek – anyone? Das Thema lässt Raumschiff Enterprise wiederauferstehen und man kommt sich vor wie ein Raumschiff-Käpt’n, der gerade im Shuttle auf sein neues, riesiges Spaceship zu gleitet und der gleich “Make it so…” oder “To boldly go, where no man has gone before” sagen wird…
12. Capsule: In A Tight Spot — beklemmend, eng, einsam Erdenstern gelingt es den Eindruck beim Hörer zu erzielen, in einer kleinen Box zu sitzen und um sich herum gedämpfte Geräusche von vorbeifliegenden Objekten zu hören. Dabei ist es egal, ob man selbst in einem bewegten oder bewegungslosen Objekt sitzt.
13. Leaving Space Dock: Gaining Momentum For An Important Journey— erwartungsvoll, groß, mächtig Ähnlich wie 11. Mothership verwendbar, aber nicht ganz so eindeutig Star Trek…
14. Weightless: A Feeling Beyond Imagination — schwebend, traumhaft, klar Wie in den Stücken 10 und 12 gelingt es auch hier Erdenstern hervorragend die Stimmung einzufangen, die sie erzeugen wollen. Im Übrigen auch einsetzbar für den Bereich klassische Fantasy für traumähnliche Sequenzen.
15. Cyborg Confrontation: Quite Attached To Their Weapons — schnell, rhythmisch, gnadenlos Wenn ich Mothership und Leavin Space Dock für thematisch nah an Star Trek halte, so klingt dies hier ein wenig nach Battlestar Galactica. Hier wie dort wird damit das Thema Cyborg sehr gut getroffen!
16. The Nebulae: Sheer Magnitude — majestätisch, wunderschön, einsam Auch dieser Titel könnte in anderen Settings für Nebel zum Einsatz kommen. Auch wenn dieser Sternennebel natürlich viel größer ist als der Nebel, der über das Moor zieht!
17. Red Alert: In Case Of An Emergency, Please Stay Calm — laut, hektisch, gefährlich Besetzt die Kampfstationen, wir werden angegriffen! Sehr gut getroffen. Ich hätte mir hier nur (andeutungsweise) mein Lieblings-Erdenstern-Thema gewünscht: Into The Red. Aber das ist natürlich erstmal nur mein Problem…
18. Alien Encounter: Take Us To Your Leader — bedrohlich, ungewiss, beeindruckend Interessantes Thema, das sich auch in anderen Settings einsetzen lassen sollte.
19. Orbit: A Magnificent View From Here — ruhig, gleitend, geheimnisvoll Ein ganze Welt dreht sich unter uns und wir können alles sehen… Gut umgesetzt und passt zu einigen anderen Stücken dieser CD, die viel Atmosphäre verbreiten.
20. Stellar Battle: More Power To The Shields! — gewaltig, gefährlich, dramatisch Riesige Sternenkreuzer fliegen aufeinander zu, der Kampf ist hier nicht so unmittelbar spürbar und brutal wie in Stück 15 oder 17. Dafür ist es eher episch angelegt und nicht weniger bedrohlich!
21. The Future Is Not Yet Written: A Moment That Will Be Lost In Time — getragen, groß, schwermütig Wie sonst auch auf allen Erdenstern-CDs: Das letzte Lied ist das einzige mit etwas gesungenem Text. Und auch hier ist dieser Gesang im Stil der CD gehalten: eher modern als klassisch vorgetragen, leicht elektronisch verfremdet und etwas länger als die üblichen Einzeiler. Wie immer ein gelungener Abschluss!
Fazit:Eine interessante CD und im Rahmen der „Bibliothek der fantastischen Musik“ ein vollkommen neues Hörerlebnis. Zwar tauchen auf dieser CD durchaus vertraute Elemente bisheriger „Into the…“-Erdenstern-CDs auf, aber auch viel Neues. Besonders gefällt mir die interessante und abwechslungsreiche Instrumentierung! Nur wird die CD auch ihrem Anspruch gerecht, Soundtrack zu Science-Fiction/Cyberpunk-Rollenspielen zu liefern? Da ich selbst nur klassische Fantasy-Settings benutze, kann ich diese Frage recht schlecht beantworten, denke aber, dass dies durchaus möglich ist. Aber es gibt in diesem Bereich schon soviel (Film-)Soundtracks, mit einer großen thematischen Vielfalt, dass es Spielleitern bisher wahrscheinlich schon eher schwer gefallen ist, eine Auswahl zu treffen. Ist diese Erdenstern-CD also überflüssig? Nun, das ist sicherlich eine Geschmacksfrage: Wenn man seine „Bibliothek der fantastischen Musik“ vollständig haben möchte, dann darf man nicht zögern und kann bei dieser CD zuschlagen, da sie die üblichen Erdenstern-Qualitäten aufweist. Und Erdenstern musste diese CD bringen, wenn sie dem Anspruch gerecht werden wollen, eine umfassende Bibliothek abzuliefern. SL, die schon über etliche Soundtracks verfügen, die sie für ihre Science-Fiction/Cyberpunk-Runden einsetzen, sollten sich aber die CD einmal genauer anhören, denn ich kann mir vorstellen, dass sie eine ähnliche Auswahl von Stimmungen auf einer einzelnen CD nicht so schnell finden. Manchmal sind die Stücke schon fast zu klischeehaft, aber dies ist für den Einsatzzweck ja wahrscheinlich eher förderlich …
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