Erster EindruckPrinces of the Apocalypse ist ein hochwertiges, stabiles Buch, das den Regelwerken in nichts nachsteht. Man erhält einen dicken Wälzer mit über 250 Seiten, vielen hochwertigen Bildern und tollen Raumplänen im gewohnten Hardcover der fünften Edition von Dungeons & Dragons. Der Preis wirkt auf den ersten Blick abschreckend (immerhin kauft man hier ein Abenteuermodul für eine Rollenspiel¬ kampagne), aber das Produkt hinterlässt in jeder Hinsicht einen ausgezeichneten Eindruck.
InhaltDas Vorwort von Mike Mearls, dem aktuellen leitenden Entwickler von D&D 5E, beschränkt sich auf wenige Zeilen und befindet sich gleich vorne mit auf dem Bogen der Credits. Die meisten Leser dürften es beim ersten Öffnen des Buches völlig übersehen. Er erwähnt dort, dass der vorliegende Band auf einen Klassiker zurückgeht – „Der Tempel des elementaren Bösen“ - aus den Anfängen von D&D. Princes of the Apocalypse ist in erster Linie ein Abenteuermodul für Charaktere der 3. -15. Stufe. Da auch Inhalte für einen Start mit Charakteren der ersten Stufe optional angeboten werden, steht auf dem Cover, das Modul wäre für Charaktere der 1. bis 15. Stufe. In jedem Fall ist dies eine weite Spanne, die die Charaktere einer Gruppe, die das Modul spielen möchte, sehr lange begleiten wird. Wie bereits erwähnt, baut es auf dem Mythos des Tempels des elementaren Bösen auf und transportiert diesen in die Welt der aktuellen Edition. Wer den Kontext nicht kennt: Mit elementarem Bösen sind böse Prinzen auf den elementaren Ebenen gemeint, das Böse an sich.
Insgesamt bietet das Buch sieben Kapitel an, ein paar Anhänge und zum Schluss zum Inhalt passende Konzeptgrafiken. In den Anhängen befinden sich auch neue Zaubersprüche, die thematisch mit den vier Elementen verbunden sind sowie die Beschreibung des Volkes der Genasi mit allen Daten, um sie in einer D&D 5E Kampagne einsetzen zu können.
Der Plot(Achtung Spoiler!)Vier dunkle elementare Sekten wachsen und gedeihen in und unter den Somber Hügeln. Sie sind die Erben ehemaliger Dunkelelfen Gruppen, die einst finstere elementare Prinzen angebetet haben, die wiederum Diener des mysteriösen Älteren Elementaren Auges sind. Die Anführer der Sekten sind jeweils im Besitz eines mächtigen Artefaktes ihres Elements und streben danach, ihren elementaren Prinzen den Weg in die zentrale Welt zu ebnen. Die Artefakte sind hierzu der Schlüssel. Die elementaren Prinzen sind sehr mächtige Wesen, die gern alles ihrem Element unterordnen würden, gern auch mit unnötiger Gewalt und viel Zerstörung.
Alle vier Sekten haben ihre eigene Agenda, ihre eigenen Methoden und versuchen zunächst ihre Macht über die Region auszudehnen, bevor sie zum letzten Schritt übergehen. Eine verschwundene Delegation lockt die Abenteurer auf die Fährte der Sekten. Nachdem die Helden oberirdisch heraus finden, worum es geht, und sie jeden Kult schon einmal besucht haben, wartet im letzten Drittel des Moduls eine Reihe finsterer Tempel unter der Erde auf die Gruppe, je einer für jedes Element. Und natürlich gibt es mindestens ein deftiges Finale.
Die Hintergründe zum AbenteuerMan kann den Band auch als Quellenband für eine Kampagne bezeichnen, da sie komplette Landstriche mit ihren Bewohnern und Bräuchen schildert und eine Gruppe von Abenteuern quasi ihr ganzes Leben lang begleitet. Im ersten Kapitel wird dann auch der Hintergrund aller Ereignisse beschrieben. Es wird dem Spielleiter erläutert, wie er das Buch am geschicktesten einzusetzen hat und er bekommt eine Hilfestellung, wie er die Charaktere am besten mit dieser Kampagne verbindet. Es werden gleich fünf Fraktionen angeboten, mit denen die Charaktere zusammenarbeiten können. Dazu kommen verschiedene Ideen, wie man das Modul starten könnte, sei es auf Stufe 3, wie es gedacht ist, oder mit Stufe 1 im Ort Red Larch.
Im zweiten Kapitel geht es dann um das Gebiet, in dem gespielt wird und das ist wirklich groß. Das Dessarin Valley misst etwa 200 mal 300 Meilen und wird während des Spiels hoch und runter bereist werden. Der Ort Red Larch wird hier mit einer Fülle von NPCs sehr ausführlich beschrieben und die Autoren haben auch nicht vergessen, für jede der am Anfang erwähnten Fraktionen mögliche Verbindungen zu schaffen. Die Optionen für die vermutlich häufigen Reisen werden angeführt und an damit verbundene Probleme wurde ebenfalls gedacht. Was ist geschehen, was ist bekannt, was erfahren die Charaktere? All das steht in Kapitel zwei.
Im dritten Kapitel ist die Vorbereitung dann abgeschlossen und erste Vorlesetexte und reale Handlung warten auf den Spielleiter. Regionale Hintergründe sowie gute Verknüpfungen zu den bereits erwähnten Fraktionen begleiten die reinen Abenteuertexte. Beschreibende Optionen je nach Handlung der Spieler, Gerüchte und nützliche Verknüpfungen zu den anfänglich erwähnten Hilfestellungen finden sich hier auch. Schön sind hier nicht nur die aufgeführten NPCs und ihre Motive, es gibt auch vereinzelt Hilfestellungen für aktives Rollenspiel, während die Charaktere an den hier aufgelisteten Orten nach Informationen suchen.
Das vierte Kapitel bietet ähnliche Inhalte an anderen Orten, es wird jedoch auch direkt auf die Aktionen der Charaktere reagiert. Je nachdem, was und wie viel von den Helden geleistet wird, reagiert das Böse, was hier anschaulich beschrieben wird. Den Charakteren wird in diesem Kapitel langsam klar, dass da etwas Größeres im Hintergrund lauert. Im fünften Kapitel geht es dann zu den letzten und härtesten Zielen der Kulte der vier Elemente, wo den Charakteren alles abverlangt wird.
Doch auch die erwähnten Nebenschauplätze werden beleuchtet. In Kapitel 6 findet man nicht nur eine Abenteueridee für Charaktere der ersten Stufe, um auf Stufe drei hochgespielt zu werden, es werden auch viele andere kleine Szenarien durchgespielt, die man nutzen kann, aber nicht muss.
Neue Monster, neue magische Gegenstände und die mächtigen Widersacher im Hintergrund wurden in Kapitel sieben aufgelistet. Das Ganze wird schön mit Hintergrundinformationen und Geschichte gewürzt und ergänzt die Texte in den Kapiteln davor.
AnhängeWie eingangs erwähnt, erhalten wir in den Anhängen eine Beschreibung des Volkes der Genasi sowie eine nette Anzahl zusätzlicher Zaubersprüche für alle Zauberklassen mit Ausnahme der Kleriker und der Paladine. Besonders erwähnenswert ist jedoch die Mühe, die man sich gegeben hat, Adaptionen des Moduls in andere Kampagnenwelten zu erstellen. Das Modul ist in den Forgotten Realms beheimatet, doch finden sich für Dark Sun, Dragonlance, Greyhawk und Eberron ausführliche Beschreibungen eines möglichen Gebiets, Vorschläge wie man es vielleicht dem Setting anpassen könnte sowie eine Reihe von Ideen, welche Organisationen man dort für die im Modul verwendeten Fraktionen nutzen könnte. Ich kann es nur aus der Sicht von Eberron bestätigen: Das ist gut durchdacht und leicht umsetzbar, dazu bietet es je nach eigener Kampagne Optionen an, die ebenfalls nützlich sein könnten.
Das GuteFür den ambitionierten Spielleiter, der die Grundidee des elementaren Bösen gern mit seinen eigenen Ideen verknüpfen möchte, ist das ein geniales Werk. In einem großen Areal werden sehr viele Ortschaften und interessante Lokationen angeboten und mit der direkten Geschichte verknüpft. Man hat Verbindungen zu gleich fünf Fraktionen und genug Stoff inklusive Bildern und Vorlesetexten für mehr als nur dieses Modul. Dazu passende Magie wird gleich mitgeliefert und man hat für nahezu den kompletten Stufenbereich des 5. Edition Materials. Die Autoren haben sehr interessante Situationen und NPC entwickelt und geben mit Nebenschauplätzen und Abenteuerideen Vorlagen für eine Menge Spaß mit diesem Modul. Am Ende gibt es sogar Ideen für die Zeit danach.
Das SchlechteDie Motivation der Charaktere, gewisse Dinge anzugehen, ist nicht immer leicht zu finden. Es wird eine Gruppe von Leuten entführt, als die Charaktere Stufe 3 sind und wenn sie sie nach Monaten finden (sie reisen viel, das dauert seine Zeit), dann - plump gesagt - ändert das auch nichts. Das Böse hatte nie eine echte Motivation, diese Leute zu entführen. Es dient lediglich dazu, die Spieler in Gang zu setzen. Der vorgeschobene Grund widerspricht sogar der generellen Einstellung des betroffenen Kultes und für das große Ganze ist es vollkommen egal. Ob die Leute gerettet werden oder nicht, ändert gar nichts. Das große Übel, was die Charaktere versuchen zu verhindern, könnte jeden Moment - sogar zeitgleich mit dem ersten Abenteuer - stattfinden und hat mit den entführten Leuten nicht das Mindeste zu tun.
Es ist schon fast traurig, da der Rest wirklich gut gemacht ist. Der andere negative Punkt ist der getarnte Sandkasten. Im Prinzip können die Charaktere hingehen, wo sie wollen. Die Reihenfolge, in der sie den Informationen nachgehen und die Kulte aufspüren und bekämpfen, ist bewusst offen gelassen, nur sind diese unterschiedlich mächtig und trotz Bounded Accuracy kann es schnell böse enden, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Letztlich ist hier wie schon bei der Motivation der Spielleiter stark gefordert, die Informationen oder gar den Inhalt der Orte so anzupassen, dass alles seinen vernünftigen Gang geht. Dazu müssen die Charaktere auch oft recht weite Strecken reisen, was auch nicht wirklich hilft, wenn man, um jemanden etwas zu fragen, zwei Wochen unterwegs ist, bevor man wieder eine Entscheidung trifft.
Fazit:Wie erwähnt, hat das Buch seine Schwächen, ist aber grundsätzlich ein tolles Abenteuermodul. Man muss den Kontext mögen, man muss auch das eine oder andere Quäntchen Arbeit investieren, mindestens zweimal die 256 Seiten durchlesen und im optimalen Fall die Spieler mit passenden Hintergründen versehen. Die Verbindungen mit den Fraktionen mögen teilweise gestelzt wirken, geben im Spiel dann aber doch eine Menge Flair. Interessante Orte, spannende Situationen - auch für den Spielleiter, etwa wenn die Charaktere plötzlich vor einem Lich stehen und es verschiedene Optionen gibt, wie das ausgeht... - wie eine gemeinsame Jagd mit dem Gegner auf ungewöhnliches Wild und viele andere gute Ideen warten förmlich darauf, genutzt zu werden. Um einfach by-the-book gespielt zu werden, hat der Band für meinen Geschmack zu viele leichte Mängel, aber wenn der Spielleiter das Buch als Baukasten ansieht und mit eigenen Ideen würzt, bleibt mir nur „Viel Spaß!“ zu wünschen!
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