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Forgotten Realms - Sword Coast Adventurer’s Guide
Bewertung:
(4.5)
Von: Stefan P.
Alias: Idunivor
Am: 22.06.2016
Autor:Steve Kenson u.a.
Typ:Setting/Regelerweiterung
System:D&D Next (5E)
Setting:Forgotten Realms
VerlagWizards of the Coast
ISBN/ASIN:9780786965809
Inhalt:160 Seiten, Hardcover
Sprache:Englisch

Der „Sword Coast Adventurer’s Guide“ ist das erste und bisher einzige reine Setting Buch für die Forgotten Realms in der 5. Edition von Dungeons & Dragons. Wizards of the Coast hat sich hierfür mit Green Ronin Publishing zusammengetan, um das 160 Seiten starke Buch herauszubringen.

Ich werde in der Rezi als erstes auf das Layout eingehen, danach einen groben Überblick über den Inhalt geben (und dabei völlig willkürlich einzelne Details herausgreifen, die ich genauer beschreibe) und dann in einem Fazit meine Einschätzung des Ganzen geben. Ich werde begrifflich wohl ein bisschen zwischen Englisch und Deutsch hin und her springen, da ich ein englischsprachiges Buch rezensiere, es sich für mich aber manchmal komisch anfühlt die englischen Begriffe zu verwenden, wo es aus früheren Editionen deutsche Übersetzungen gibt.

 

Layout und Artwork

Das Layout des „Sword Coast Adventurer’s Guide“ fügt sich weitgehend nahtlos in das der übrigen 5E Produkte ein. Im Regal fällt er überhaupt nicht auf zwischen den anderen Büchern. Das Cover gefällt mir persönlich sehr gut. Es passt vom Stil her zu den übrigen Büchern der Edition und zeigt eine klassische Abenteuergruppe umringt von Orks. Es ist alles dabei, wie es sich gehört. Eine Elfe mit Bogen, ein großer Mensch mit großem Schwert, ein Schurke mit zwei Dolchen, ein kleiner Kleriker (wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob es ein Zwerg ist, da er keinen Bart hat) und ein Tiefling Magier.

Auch im Innern des Buches entspricht der Guide dem typischen 5E Design. Die Schrift ist nicht allzu groß, aber immer gut lesbar und auf den meisten Seiten befindet sich mindestens eine Grafik. Gerade bei den Regionsbeschreibungen sind das oft Karten aber es sind auch immer wieder andere Abbildungen, die irgendwie zum im Text Beschriebenen passen.

Sprechen wir etwas ausführlicher über die Karten: es sind einige Karten von Städten (Baldur’s Gate, Waterdeep, Neverwinter, etc.) integriert, die sind aber eher detailarm. Als Beschriftung gibt es nur die Namen von Stadtvierteln und mehr als einen groben Eindruck wie die Stadt jeweils aufgebaut ist liefern diese Karten nicht. Da sind die Karten der älteren Editionen definitiv vorzuziehen. Vom Format her bewegen sich die Stadtkarten zwischen einer knappen halben Seite bis zu einer ganzen Seite (Waterdeep, aber für die Größe außerordentlich uneindeutig). Kommen wir als nächstes zu der Übersichtkarte. Es gibt leider keine Faltkarte im Buch, das hätte ich mir sehr gewünscht, da ich so etwas sehr gern mag. Dafür findet sich eine einseitige Übersichtskarte der Schwerküste, allerdings ist die schon stellenweise sehr klein, sodass man manche Ortsnamen mit der Lupe lesen muss. Noch dazu ist sie so tief in die Bindung gedruckt, dass man die Region um Luskan und Niewinter hier überhaupt nicht ordentlich erkennen kann. Die Ausschnitte bei den einzelnen Regionen sind etwas größer und insgesamt ok. Es gibt die gleiche Karte auch hochauflösend online, sodass man da also eine Alternative hat, aber eine große Faltkarte hätte ich trotzdem toll gefunden. Die Karte selbst ist von der Qualität ok. Ich finde die 3E Faerûn Karte immer noch am besten, aber im Vergleich zu dem Wischi-Waschi, das die 4E Karte war ist das hier schon mal nen Fortschritt.

Insgesamt ist das Layout sehr schön und auch wenn bei den Abbildungen natürlich bessere und schlechtere dabei sind, wirken sie insgesamt doch aus einem Guss und es gibt keine echten Ausrutscher im ganzen Buch.

 

Inhalt

Der Adventurer’s Guide hat insgesamt 5 Kapitel, ein Vorwort, einen Anhang und einen Index. Außerdem gibt es eine Reihe von Seitenbalken. Eine Übersicht darüber gibt es in einem Inhaltsverzeichnis am Anfang. Die einzelnen Kapitel sind:

 

Chapter 1: Welcome to the Realms (S. 7-42)

Chapter 2: The Sword Coast and the North (S. 43-102)

Chapter 3: Races of the Realms (S. 103-120)

Chapter 4 Classes (S. 121-144)

Chapter 5: Backgrounds (S. 145-154)

 

An dieser kurzen Übersicht lässt sich schon der klare Fokus des Buches erkennen, weshalb ich es auch in erster Linie als Setting und erst danach als Regelerweiterung einschätzen würde. Etwa ein Viertel des Buches enthält Regelinformationen (Kapitel 4 und 5), wobei man auch da viel Fluff zwischen dem Crunch findet (aber dazu mehr bei der Kapitelbeschreibung). Der Fokus liegt aber ganz klar auf einer Beschreibung der Forgotten Realms.

 

Kommen wir also zu den einzelnen Kapiteln:

 

Chapter 1: Welcome to the Realms

Das übliche Einleitungskapitel wie man es auch schon in früheren Kampagnensettings hatte. Hier findet sich unter anderem ein kurzer Abschnitt zu all den Regionen der Realms, die nicht zur Schwertküste gehören, je nach Region sind die Abschnitte unterschiedliche lang. Luiren bekommt nur sieben Zeilen, Amn 28 Zeilen. Die übrigen Regionen befinden sich irgendwo dazwischen. Es ist also nicht viel, um da etwas Ernsthaftes raus zu machen, reicht aber, um Charaktere zu spielen, die in diesen Regionen geboren wurden und jetzt an der Schwertküste sind.

Es schließen sich Ausführungen zum Kalender an, wie wir ihn kennen, nur, dass es keine Namen mehr für die Jahre gibt, was ich ein wenig schade finde, das gefiel mir immer gut und gab den einzelnen Jahren eine gewisse Persönlichkeit. Es hindert einen natürlich nichts daran sowas einfach wiedereinzuführen, aber das Buch liefert dazu nichts.

Anschließend folgt „A brief history“ und „brief“ ist hier das richtige Wort, denn gerade mal zweieinhalb Seiten nimmt sie ein, aber es werden die wichtigsten Dinge kurz angeschnitten: die Kronkriege, Nesseril, die Zeit der Sorgen, die Zauberpest und dann auch das als „Second Sundering“ bezeichnete Ereignis, das die Realms wiederhergestellt hat, und viele der neuen Dinge der 4E-Realms wieder auslöscht.

Nach einer Seite über die Magie folgt der größte Brocken, die Religion. Ganz wie im 3.0 Campaign Setting gibt es hier eine Tabelle mit den Göttern, ihrer Gesinnung, ihren Domänen und ihren Symbolen. Es folgt auf 18 Seiten die Beschreibung der wichtigsten Götter, wobei alle bekannten dabei sind, ein paar verschwundene wie Bhaal zurückkehren, aber auch Asmodeus, der es in der 4E in die Götterliste geschafft hatte, darf dabeibleiben. Das Götterkapitel ist insgesamt sehr gelungen wie ich finde. Es ist zwar für einen Kenner der Realms nichts bahnbrechend Neues, aber jemand, der sie zum ersten Mal kennen lernt bekommt hier genug, um seinem Charakter – egal ob Kleriker oder nicht – seinen eigenen Glauben zu geben.

 

Chapter 2: The Sword Coast and the North

Kapitel 2 liefert die detaillierte Beschreibung der Schwertküste. Diese ist in fünf Abschnitte sortiert: Der erste ist „The Lord’s Alliance“, der die meisten großen Städte der Schwertküste umfasst, die mehr oder weniger detailliert beschrieben werden. Das ganze bewegt sich zwischen ein und zwei Seiten pro Stadt. Keine Tabellen oder Statistiken, nur Fließtext. So wird bei Baldur’s Tor z.B. als erstes die Lage beschrieben, dann das politische System und schließlich die drei Bereiche Oberstadt, Unterstadt und der Bereich außerhalb der Mauern.

Hier finden sich immer gute Ansatzpunkte für einen Spielleiter, um sich in dieser Region auszutoben. So wird beschrieben, dass es in Niewinter seit neustem Probleme zwischen einigen neugegründeten Milizen gibt, dass eine Rebellengruppe namens Söhne von Alagondar dazu gebracht werden könnte mit Niewinter zusammenzuarbeiten und dass jeder, der möchte, sich in dieser Region ansiedeln kann, um sein Glück zu suchen, da viel Land noch keine Besitzer gefunden hat. Gleichzeitig bieten sich hier auch immer Möglichkeiten für Charaktere, entweder ihren Hintergrund mit den Informationen auszugestalten oder wenn es dem Stil der Gruppe entspricht, sich selbst Ziele für ihre Abenteuer zu suchen.

Der zweite große Block sind „Dwarfholds of the North“, der dritte die „Island Kingdoms“, der vierte „Independent Realms“ und schließlich zuletzt das „Underdark“. Es bringt glaube ich nichts hier alles aufzuzählen, aber ich würde sagen, dass man einen guten Querschnitt der Schwertküste bekommt und alle Arten von Abenteuern mit diesen Informationen gestalten kann.

 

Chapter 3: Races oft he Realms

Diese 17 Seiten geben den Völkern aus dem Grundregelwerk ein bisschen mehr Realms Flair, und es gibt auch sehr wenige Regelinformationen, meistens in Seitenbalken: einige Varianten für die Tieflinge und Halbelfen, Werte für den Ghostwise Halfling und die Duergar als komplett neue Subrace. Aber auch hier liegt der Schwerpunkt klar auf dem Fluff. Es finden sich Tabellen mit den Zeichen für Dethek (Zwergisch), Espurar (Elfisch) und Thorass (Gemeinsprache), die mehr oder weniger dem entsprechend, was es auch früher an Zeichen gab, auch wenn sie nicht völlig deckungsgleich sind. Für alle Völker außer den Menschen gibt es kurze Beschreibungen der Subraces und der Gottheiten, die in Kapitel 1 nur eine Tabelle, aber keine Betrachtung bekommen hatten. Bei den Menschen sind die unterschiedlichen Menschenvölker knapp beschrieben und dazu kommt eine Liste mit üblichen Namen. Auch hier hat man alles, was man braucht, um einen entsprechenden Charakter zu gestalten und ihm mehr „Realms-Feeling“ zu geben.

 

Chapter 4: Classes

Wie angesichts der Überschrift schon zu erwarten, gibt es hier sehr viel mehr Regelinformationen als in den vorigen Kapiteln, aber es sind keine reinen Listen mit solchen Informationen. Etwa die Hälfte der Abschnitte zu den Klassen wird mit Zitaten aus Realms-Romanen eingeleitet und dann folgt für gewöhnlich eine Einordnung was es bedeutet diese Klasse in den Forgotten Realms zu spielen. Manche Klassen bekommen zusätzlich auch neue Optionen. So gibt es zwei neue Primal Paths (Battlerager und Totem Warrior) für den Barbaren oder eine neue Domain (Arcana) für den Kleriker. Der Barde hingegen bekommt einige Realms-spezifische Colleges und Musikinstrumente, die aber keine unmittelbaren Regelauswirkungen haben. Ich möchte nur auf eine dieser Optionen einen genaueren Blick werfen, nämlich auf den Bladesinger, eine neue Option für den Magier. Dabei handelt es sich um eine Elfen und Halbelfen vorbehaltene Arcane Tradition, die ähnlich wie der Eldritch Knight Archetype des Fighters Magie und Nahkampf kombiniert. Ich finde diese Variante, die vom Magier ausgeht aber sehr viel gelungener. Das zentrale Merkmal dieser Tradition ist der „Bladesong“, den es auf der zweiten Stufe gibt. Solange der Magier höchstens leichte Rüstung und keinen Schild und keine zweihändige Waffe trägt, kann er als bonus action für eine Minute den Bladesong aktivieren, der ihm eine ganze Reihe von Boni einbringt: seinen Intelligenzbonus auf AC, eine um 10 ft. erhöhte Bewegung, advantage auf Acrobatics Checks und den Intelligenzbonus auf Concentration checks. Auf Stufe 6 gibt es eine Extra Attack, auf Stufe 10 kann der Bladesinger Zauberschaden reduzieren, indem er als reaction eigene spell slots ausgibt und auf Stufe 14 bekommt er seinen Intelligenzbonus auf den Waffenschaden. Zusätzlich gibt es eine Reihe Wizard Cantrips, die sich gut mit einem solchen Nahkampfstil ergänzen, da sie verschiedene Bonus(schadens)effekte in Kombination mit Nahkampfangriffen liefern. Ich finde der Bladesinger ist eine sehr gelungene Umsetzung der Kombination von Nahkampf und Magie, um ehrlich zu sein gelungener als der Eldritch Knight aus dem Player’s Handbook.

 

Chapter 5: Backgrounds

Den Abschluss bilden zwölf Realms-spezifische Backgrounds: City Watch, Clan Crafter, Cloistered Scholar, Courtier, Faction Agent, Far Traveler, Inheritor, Knight of the Order, Mercenary, Veteran, Urban Bounty Hunter, Uthgardt Tribe Member, Watherdhavian Noble. Diese sind etwas knapper gehalten als die Im Player’s Handbook, da meist bei den Characteristics auf bestimmte Tabellen des Player’s Handbook verwiesen wird. Nur der Far Traveler bekommt neue Tabellen. Deshalb schauen wir uns ihn auch beispielhaft genauer an. Dieser Background beschreibt einen Charakter, der von einem sehr weit entfernten Ort kommt. Es werden sieben Optionen kurz (ca. zehn Zeilen) beschrieben, wo ein solcher Charakter herkommen könnte: Evermeet, Halruaa, Kara-Tur, Mulhorand, Sossal, Zakhara und the Underdark. Wie alle Backgrounds bekommt auch er zwei Skill Proficiencies (Insight und Perception), ein Tool, eine Sprache und eine Reihe von Ausrüstungsgegenständen. Das Feature, das er bekommt nennt sich „All Eyes on You“ und sorgt dafür, dass der Charakter durch seine fremde Herkunft überall auffällt und damit das Interesse von Adligen, Händlern oder Gelehrten wecken kann, die sich ansonsten nicht mit der Gruppe gesprochen hätten. Eine nette Idee wie ich finde und gleiches gilt auch für eine Reihe anderer Backgrounds in diesem Kapitel, auch wenn Dinge wie City Watch ziemlicher Standard sind.

 

Appendix: Class Options in Other Worlds auf

Auf drei Seiten wird hier kurz erklärt, wie sich die neuen Optionen aus Kapitel 4 auch in den anderen klassischen D&D Welten, d.h. Dragonlance, Eberron, Greyhawk und für selbstgestaltete Welten, das sind nur kleine Kommentare, aber es ist sicherlich nützlich, wenn man sich in beiden Welten nicht so gut auskennt.

 

Fazit:

Um nicht lange um den heißen Brei herum zu reden: wer die Realms mag und wer die 5E mag, sollte sich dieses Buch kaufen. Für meinen Geschmack hat es eine gute Mischung zwischen Hintergrundinformationen und Regelinformationen vor allem angesichts der Tatsache, dass wir wohl kein vollständiges Kampagnensetting für die Realms in der 5E bekommen werden. Denn auch wenn das Buch „Adventurer’s Guide“ heißt, so richtet es sich denke ich doch in erster Linie an Spielleiter. Letztlich ist es ein Setting in abgespeckter Form, da nicht die gesamte Welt beschrieben wird, sondern nur ein Ausschnitt. Aber die wichtigen Elemente sind da. Und das, was beschrieben wird gefällt auch. Jemand, der schon viel Realms Material hat, kommt sicherlich auch ohne dieses Buch aus, aber das war in vorigen Editionen bereits genauso. Einige neue Ideen und Veränderungen sind durchaus enthalten. Man braucht sie vielleicht nicht unbedingt, aber sie bieten doch viel Potenzial.

Auch das wenige Regelmaterial ist sehr interessant, wobei ich mir gewünscht hätte, dass jede Klasse zumindest einen neuen Archetype spendiert bekommt. Die Druiden und Barden bekommen zwar mehr Fluff als der Rest, aber irgendwie hätte da für jeden etwas dabei sein sollen finde ich.

Letztlich habe ich nur zwei große Kritikpunkte: das eine sind die Karten im Buch, das war früher schon mal deutlich besser gelungen. Das andere ist der Umfang. 160 Seiten ist nicht allzu viel und letztlich hätte ich mir ein „echtes“ Kampagnensetting für die 5E-Realms gewünscht. Dieses Buch ist sicherlich besser als nichts und als Regionalsetting auch gelungen, aber ich verstehe nicht so recht, wieso man nicht gleich ein volles Setting gemacht hat oder zumindest die anderen Regionen mit 20 Seiten oder so aufbohrt. Dann hätte man immer noch einen Schwerpunkt auf die Schwertküste, aber ein SL könnte wenigstens mit ein bisschen Aufwand Abenteuer in den anderen Regionen leiten. So muss ist da nach wie vor von dem Material aus früheren Editionen abhängig, wenn er nicht die Schwertküste als Ort seiner Abenteuer wählen will. Das ist gerade für Neueinsteiger in die Realms etwas schade, da ein großer Teil der Vielseitigkeit, die die Realms zu bieten haben, so unzugänglich bleibt.

Aber trotz dieser Mängel eine absolute Kaufempfehlung: 4.5.